Heute: Freundschaft aus Tradition

TuS-FCM 2013 AFußballfest in der Neustadt: 155 Jahre TuS 1860 gegen 50 Jahre 1. FCM

Jeder Sport bezieht seine Spannung aus der Tatsache, dass man vorher nicht weiß, wie’s ausgeht. Es gibt Ausnahmen.

Gerry Linekers Bonmot von 1990 nach dem WM-Halbfinale Deutschland gegen England ist berühmt geworden: „Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen die Deutschen.“ Ein Spiel, von dem man weiß, dass es eigentlich nur einen Sieger haben kann, findet seit 1998 in der Neuen Neustadt statt, genauer in der Zielitzer Straße 28. Zum bereits 15. Mal treffen dort TuS 1860 Magdeburg-Neustadt und der 1. FC Magdeburg aufeinander. TuS 1860 ist der älteste Sportverein der Stadt, er wurde am 10. August 1860, damals noch als Männerturnverein (MTV) 1860 Neustadt, gegründet. Er fusionierte 1938 mit Viktoria 96, einem der Gründungsmitglieder des Deutschen Fußballbundes (1900) und nahm sogar dreimal  an den Endrundenspielen um die deutsche Meisterschaft teil.
Das Spiel TuS 1860 – FCM ist meist  am Ende der Vorbereitungszeit des FCM auf die neue Saison. In diesem Jahr hat der Aufsteiger in die 3. Liga schon die ersten beiden Saisonspiele gegen RW Erfurt und den 1. FSV Mainz 05 II hinter sich. Das Spiel findet am 4. August passend zum 155-jährigen Vereinsjubiläum des TuS 1860 statt. Auch der FCM ist ja in einem Jubiläumsjahr, kann am 22. Dezember auf eine 50-jährige Vereinsgeschichte zurückblicken.
3. Liga – der FCM ist mit dabei: Der Verein knüpft mit dem Aufstieg wieder an seine besten Jahre an: 1974 Europapokalsieger und in den 70er-Jahren dreimal DDR-Meister. „Die Stadt ist blau-weiß, sie lebt und liebt Fußball“, sagte FCM-Trainer Jens Härtel in einem MDR-Interview. Die Fans machen mit spektakulären Fahnenaktionen auf den Verein, ihre Fußballleidenschaft und damit die Sportstadt Magdeburg aufmerksam. Das Interesse der Medien hat sich vervielfacht. Schon im vergangenen Jahr hatte selbst das österreichische Fachblatt „Ballesterer“ an das Europacup-Finale gegen AC Mailand erinnert. Das Auftaktspiel zur 3. Liga gegen RW Erfurt sahen über 20.000 live im Stadion und zig Millionen Fans vor den Bildschirmen. FCM-Präsident Peter Fechner sagte der „Sport-Bild“, er habe neuerdings Mitgliedsanträge stets bei sich: „So viele Leute sprechen mich an und wollen bei uns Mitglied werden. Deshalb habe ich die Formulare immer griffbereit.“
3. Liga – der TuS 1860 ist auch mit dabei: mit Felix-Benjamin Schwermer, dem erstklassigen Schiedsrichter, der als Nachwuchskicker wiederum eine FCM-Vergangenheit hat.
Das Ergebnis des Spiels TuS 1860 – FCM ist zweitrangig. Tore gibt’s am 4. August, um 18 Uhr (Einlass: ab 16 Uhr), erfahrungsgemäß reichlich. Ein Fußballfest ist es sowieso. Zumal die Verbindung zwischen den Vereinen traditionell hervorragend ist. Zuletzt wechselten mit Stefan Otremba und Daniel Engel zwei Nachwuchstrainer und mit Nick Müller einer der talentiertesten Nachwuchskicker vom TuS 1860 in das Sparkasse-Nachwuchsleistungszentrum des FCM. Typisch für Nick: Er bleibt auch als FCM-Spieler Mitglied beim TuS 1860.
Die TuS-1860-Fußballkneipe von Jörg Schmidt war rappelvoll und ganz in blau und weiß gekleidet, als der FCM sein entscheidendes Aufstiegsspiel bei Kickers Offenbach mit 3:1 gewann. Die Jubelarien nach den FCM-Toren waren Sekunden später auf der gut besuchten TuS-Facebookseite zu sehen. Kurze Zeit später war das FCM-Jubiläum Anlass für den 1. Kita-Fair-Play-Cup, den die GWA Neustädter Feld und der TuS 1860 Neustadt auf dem Vereinsgelände organisierten. Vor dem Kic-ken der Kita-Fußball-Kids auf dem Kunstrasen wurde gebastelt und gemalt: Stadien, Aufstellungen, Wimpel u.v.a.m., was man jetzt noch am neuen Sozialtrakt des Vereins bewundern kann. Im Finale gewann übrigens „Team Beck“ (=FCM-Gegenwart) gegen „Team Streich“ (=FCM-Vergangenheit), beide aus der Kita Kuschelbären, mit 4:1.
Beim TuS 1860 sind die kleinen und großen FCM-Fans ihren Idolen ganz nah. Und es gibt kaum einen schöneren Platz für den Fußballfan, als die alten Kastanien und die natürlichen Tribünen der ehemaligen preußischen Festungsanlagen an der Klosterwuhne. Das Fort VII wurde zwischen 1866 und 1873 angelegt. Von diesem Fort sind Teile des Walls, der Poterne und der Traversen erhalten geblieben und bilden heute als natürliche Tribünen eine besondere Spielkulisse. Kein Wunder, dass seit einiger Zeit auch die Finalspiele um den Stadtpokal beim TuS 1860 stattfinden. 2014 gewann hier vor großer Zuschauerkulisse der TuS 1860 sein „Finale dahoam“ gegen Germania Olvenstedt mit 1:0. An solche Erfolge will der Verein in den nächsten Jahren anknüpfen. Der Verein ist überregional bekannt für seine gute Nachwuchsarbeit, die unter dem Label „Neustadttiger“ firmiert. Die Großfeld-Nachwuchsmannschaften der Fußballer spielen in der Landesliga bzw. Verbandsliga. Und auch die erfolgreiche Handballmannschaft der Damen hat jüngst den Aufstieg in die Verbandsliga geschafft. „Wir wollen mit den Fußballern der I. Herren in der kommenden Serie auch ein Wörtchen mitsprechen, wenn es in der Landesklasse 2 um Spitzenplätze oder sogar den Aufstieg in die Landesliga geht“, sagte Tino Beyer, der „Trainer-Präsident“ des TuS 1860 Magdeburg-Neustadt, der trotz stressigen Jobs als Chef eines Arbeitsvermittlers und vieler Aufgaben im Verein 2015 sogar den Trainer A-Schein abgelegt hat.
TuS 1860 Magdeburg-Neustadt ist nicht nur ein seit Jahrzehnten bekannter Fußball- und Handballverein, der sogar einen Welthandballer (Henning Fritz), einen DDR-Nationalspieler (Otto Frähsdorf) oder einen Fußball-Bundesliga-Kic-ker (Marcel Maltritz) hervorgebracht hat. Der Verein ist mit über 700 Mitgliedern einer der größten in Magdeburg,  hat neben einer großen Fußball- und Handballabteilung auch eine florierende Schachabteilung, eine große Gymnastik- und Tischtennisgruppe. Das Vereinsgelände ist ein gesellschaftlicher Mittelpunkt in der Neustadt, ein Ort für Feste, Feiern und Events über die Vereinsgrenzen hinweg – vom Osterfeuer bis zum Hundefrisbeeturnier. Aber er ist vor allem ein Ort für den sportlichen Wettkampf – selbst wenn am 4. August bei vielen zwei Herzen in der Brust schlagen, ein schwarz-gelbes und ein blau-weißes. Das führt nicht zu Herzrhythmus-Störungen, sondern garantiert die Freude über jedes Tor und jeden gelungenen Spielzug. Viel Spaß! Heinz-Josef Sprengkamp