Mit einem kleinen bisschen Schadenfreude erfüllte mich damals die Kunde, den Schauplatz des „Polizeirufs“ aus Sachsen-Anhalt haben die MDR-Verantwortlichen von der Saale an die Elbe verlegt. Toll! Und richtig!
So dachte ich. Damals. Endlich wird Magdeburg einem Millionenpublikum von Fernsehzuschauern in seiner stillen Schönheit und Komplexität näher gebracht. Endlich, so dachte ich – damals – werden auch einmal die schönen Stellen in der Stadt als Kulisse für ausgedachte kriminelle Energien dienen.
Aber ach! Wie heißt gleich das Gebäck, das durch starkes Hauchen zu Bröseln zerfällt? Richtig: Pustekuchen! Seit Jahren kämpft man in der Stadt um ein besseres Image. Die ausländerfeindlichen Krawalle an einem Himmelfahrtstag, der Rechtsruck in Neu-Olvenstedt, der feige Mord an Torsten Lamprecht, der bisher unaufgeklärte Tod des Managers der „Kastelruther Spatzen“ – all dies ließ Magdeburg in keinem guten Licht erscheinen. Es gab sogar Gerüchte, dass die UNO Blauhelmsoldaten nach Neu-Olvenstedt entsenden wollte. Dann eine Zeit des Durchatmens.
Doch die Negativschlagzeilen reißen nicht ab. Neulich las ich in der Zeitung, Magdeburg sei die Hochburg der Ladendiebe. In keiner größeren Stadt Deutschlands wird mehr in den Geschäften geklaut als in Magdeburg. Es kommt aber noch ärger.
Denn nun hauen auch noch die Autoren der aus Magdeburg stammenden und über die Flachbildschirme flimmernden Folgen des „Polizeirufs“ aber so richtig drauf. Gut angepasst! Flache Geschichten für flache Schirme. Sehe ich die Bilder, frage ich mich: Wo lebe ich denn hier? Von den Inhalten dieser Krimifolgen mal ganz abgesehen. Diese Storys könnten in jeder anderen Stadt spielen. Völlig egal. Nur eben dass man hier unsere Stadt zum Brutkasten perverser Krimineller degradiert, lässt mir das Klappmesser in der Tasche aufgehen.
Jede Stadt hat nun mal ihre „Dreckecken“. Das diese „rechtwinkligen Schmuddeleien“ konsequent als Kulissen für die Polizeiruf-Folgen aus Magdeburg missbraucht werden, halte ich für hochgradig einfallslos. Warum, so frage ich mich, hat einer der beiden Tatort-Kommissare die Staffel verlassen? Ich kann nur spekulieren: Sylvester Groth wurde wahrscheinlich im verdunkelten Auto zum Set gefahren. Also an den Drehort, wo es nicht nur grauslich zugeht, sondern auch immer grauslich aussieht. Völlig depressiv schmiss Sylvester Groth das Handtuch des Kommissars und dachte sicherlich: Hier möchte ich niemals leben, somit kann ich hier auch nicht arbeiten.
Ich möchte bitte nicht falsch verstanden werden. Ich möchte keine Kulisse wie im Musikantenstadl, in dem dann Andy Borg abgeschossen wird. Aber ein bisschen mehr Reality aus dem Umfeld Magdeburgs wünschte ich mir schon. Und die Drehbücher! Geschichten aus und um unsere Stadt liegen quasi auf der Straße. Auch auf dem Weg. Also dem Breiten Weg. Neben der „Grünen Zitadelle“ erhebt sich eine große Bank. Wenn im Westen die Sonne sinkt, wirft diese Bank einen langen Schatten auf den Landtag. Spricht man deshalb vom „Schattenkabinett“? Ich weiß es nicht. Aber das wäre doch mal ein Thema für den „Polizeiruf“ aus Magdeburg. Sicher? Ganz sicher! Mit Sicherheit!
Herzlichst, Euer Frank Hengstmann