In Magdeburg stand das erste Schwimmbad – sogar im Winter konnte man hier baden.
Reinlichkeit und Hygiene waren auch in der Region Magdeburg im ausklingenden Mittelalter nicht jedermanns Sache. Während sich die einfachen Arbeiter und Landarbeiter nach ihrem Tagewerk an den Brunnen und Flüssen säuberten, gehörte es in den oberen Schichten zum guten Ton, das Wasser zu scheuen.
Ab dem 16. Jahrhundert war das Baden und jeglicher Hautkontakt mit Wasser geradezu verpönt. Mediziner vertraten die Ansicht, Krankheiten würden mit Wasser erst recht durch die Haut in den Körper geschwemmt. Sogar die Kirche folgte in diesem Fall der Schulmedizin und verhängte ein Badeverbot. Fortan ersetzten saubere Wäsche, Puder und Parfüm die Körperhygiene. Erst das Zeitalter der Aufklärung brachte Mitte des 18. Jahrhunderts ein Umdenken. Den Körpergeruch mit Parfüm zu überdecken galt bald als Zeichen aristokratischer Dekadenz.
Auch in Magdeburg setzte sich verstärkt der Sinn nach Reinlichkeit durch. Die wenigen Badehäuser hatten regen Zulauf und die Stadtoberen begannen Badeanstalten zu planen. Am 4. Mai 1824 eröffnete auf dem Fürstenwall unter Ägide des Garnisionsstabsarztes Dr. med. Johann Christian Matthias Haase eine Badeanstalt. Sie konnte im Sommer täglich von 5 bis 19 Uhr kostenpflichtig genutzt werden und bot neben einfachen Bädern auch Malzbäder, aromatische Seifenbäder, Schwefelbäder, Bäder mit Stahlkugeln an. Zugleich beabsichtigte Haase noch ein Dampfbad für Frauen sowie die Anlage einer Flussbadeanstalt bei der Bastion Cleve. Nach dem Freitod Haases übernahm 1830 der Chirurg Christian Lossier das inzwischen baufällige Bad, das dann auch seinen Namen trug. Die Ruinen der Lossierschen Badeanstalt in der Stadtmauer kann man noch heute sehen.
Dem Engagement des Oberbürgermeisters August Franckes ist es zu verdanken, das Magdeburg 1829 als erste europäische Stadt ein Hallenschwimmbad erhielt. Bald genügte dieses nicht mehr den hygienischen Ansprüchen und wurde geschlossen. 1860 erhielt Magdeburg ein neues Schwimmbad in der Fürstenstraße. Mit einem Novum: vier Kohleöfen erlaubten sogar den Winterbetrieb.
Mit zunehmender Industrialisierung wuchs auch der Bedarf an Wasch- und Bademöglichkeiten. Volksbäder schossen aus dem Boden. Nahezu jeder Stadtteil hatte seine eigene Badeanstalt. Das erste Volksbad eröffnete 1888 in der Altstadt. Die Preise in den Volksbädern waren einheitlich: Ein Brausebad kostete 10 Pfennig, ein Wannenbad 25 Pfennig. Ob das „Augustabad“ auf der Halberstädter Straße, das Volksbad Buckau, die „Kur- und Badeanstalt“ in der Wolfenbüttler Straße, das Volksbad Lemsdorfer Weg, die Badeanstalt Hamburger Straße, das Volksbad Südost (Gröninger Bad), die Lossiersche Badeanstalt auf dem Fürstenwall und, und, und: Die Magdeburger besannen sich auf Reinlichkeit und die warmen Bäder sowie Saunen erfreuten sich wachsender Beliebtheit. (Fotos: Stadtarchiv Magdeburg)