Vom linken Traum, Kultur von staatlichem Einfluss zu befreien.
Kann man Kultur lenken, also politisch? Die staatliche Förderung kulturellen Engagements scheint allerorten so fest ins Verständnis eingebrannt zu sein, dass man glauben könnte, es stecke ein natürliches Prinzip dahinter. Die Linke in Sachsen-Anhalt verkündet in ihrem aktuellen Konzept, den kulturellen Bereich von administrativer Gängelung lösen zu wollen.
Das klingt gut. Wenn weniger Einfluss auf Förderentscheidungen über Inhalte von behördlichen Schreibtischen sowie hierarchischem Absegnen darüberstehender Einzelverantwortung ausgeht, kann so ein Weg nur begrüßt werden. Kultur muss in ihrer Verwirklichung frei sein von Gängelung. Man möchte dem Ansinnen mit Beifall begegnen. In der Vergangenheit regierte das Magdeburger Ministerium unter Leitung des sozialdemokratischen Ministers Stephan Dorgerloh allzu sichtbar in Personal- und Konzept-Entscheidungen hinein. Zur Beruhigung der Gemüter sei angemerkt, dass dies grundsätzlich kein sachsen-anhaltisches Phänomen ist. Leider herrscht dieses Prinzip in ganzen deutschen Land. Deshalb muss den linken Konzeptentwicklern um den Spitzenkandidaten zur Landtagswahl, Wulf Gallert, auch klar sein, dass eine Prinzipienänderung zwar von oben verordnet werden kann, aber letztlich durch die Kulturakteure an der Basis gelebt werden muss. Kultur wird nämlich unter den Bedingungen ihrer finanziellen Machbarkeit schon im Grundverständnis an die staatliche Förderung gekoppelt. Konzepte für einzelne Vorhaben tragen deshalb bereits im Entwurf eine Handschrift, die möglichst dem Verständnis der Administration und den Bedingungen von Förderrichtlinien angedient ist. Will man Kulturschaffenden nun offensichtlich konzeptionelle Freiheit versprechen, werden sie zugleich verunsichert, ob sie mit ihren Ansinnen am Ende förderkompatibel sind. Ob allerdings ein weniger in die Kultur hineinregierender Minister oder andere politische Entscheider auf anderen Ebenen per Gesetzesgrundlage, Förderrichtlinie oder Verordnung die Sachbearbeiterköpfe von geschliffenen Verwaltungsdenkmechanismen befreien können, darf bezweifelt werden. So lange institutionelle Kultur vorrangig am staatlichen Fördertopf hängt, bleiben die Mühlen der Ebenen überall wirksam und das Linken-Konzept ein schöner Traum von einer besseren Kulturwelt. Es gilt Kulturräume zu identifizieren, zu schaffen und zu unterhalten. Darin darf keimen und wachsen, was bunte Blüten bringt. Grundsätzlich müssen kulturpolitische Förderentscheidungen über Inhalte zurückgedrängt werden. Auf diese Weise schenkt man Kreativität und künstlerischem Können ein gutes Fundament.
Thomas Wischnewski