Freuen Sie sich auch schon? Endlich eilen die Tage dem Fest entgegen. Eine besinnliche Zeit steht bevor. Endlich zur Ruhe kommen und ausspannen. Im Kreis der liebsten Menschen Stunden genießen, Gemeinsamkeit verschenken und vor allem dem Alltag des Jahres entfliehen – das sind die Wünsche, die oft ausgesprochen werden und insgeheim auf Erfüllung warten. Doch eigentlich kommt es immer anders.
Der Einkaufsstress für die letzten Geschenke und für die Festtagstafel ist noch gar nicht recht verflogen, da stehen die Vorbereitungen für das große Familienereignis schon vor der Tür. Die Dame des Hauses stürzt sich auf die Zubereitung. Der Herr muss sich um den Weihnachtsbaum kümmern, zumindest das Aufstellen ist Männersache. Am Baum regiert nämlich häufig die Machtharmonie über Kugeln, Sterne und Lametta-Dichte aus weiblicher Kompetenz.
In der Küche herrscht rege Geschäftigkeit. Das Areal ist in den meisten Wohnungen nach wie vor das Kampffeld der Frau. Männer helfen zwar, aber bei den Zubereitungsfinessen bleibt ihnen die Mitwirkung verwehrt bzw. sie fliehen wegen lukullischer Inkompetenz von allein aus der Sphäre des Bratens, Köchelns und Dekorierens. Wenn sich dann alle geladenen Gäste um die Tafel versammelt haben, befindet sich die Küchenfee meistens noch in hektischen Abschlussarbeiten. Fast hätte die gute Hausfrau an der Tafel gesessen … Doch es fehlt hier oder da noch eine Kleinigkeit. Sie entschuldigt sich gar über die nicht so gelungenen Klöße. Die Versammlung nimmt alles geduldig hin. Dann lassen es sich alle herzhaft schmecken, auch das Dessert. Die Privatgastronomin wird anschließend hoch gelobt. Nur viel Zeit zum Genießen bleibt nicht. Abräumen, Aufräumen, Wegstellen, Spülmaschine ein- und ausräumen. Der Tisch muss zum Kaffeetrinken gedeckt werden. Und selbst danach steht das Abendessenprogramm auf dem Plan. Bedenken Sie auch, dass im Vorfeld alle Geschenke hübsch verpackt sind, nichts und niemand vergessen wird. Nicht selten geraten Gastgeber und Gäste in kleine Zwistigkeiten – irgendwelche Auseinandersetzungen schwelen unter Familienmitgliedern oder guten Freunden immer. Wie man sich auch auf das Beisammensein gefreut hat, richtig froh wird es meistens erst, wenn alle wieder gegangen sind. Ja, so schön kann es mit Ruhe, Freude und Besinnlichkeit zu Weihnachten sein. Denken Sie auch an das üble Gewissen danach. Die Waage zeigt vielleicht überschüssige Pfunde an. Weihnachten eben – man freut sich anschließend gern wieder auf die vertrauten Tage des Restjahres.
Thomas Wischnewski