Meine Ex sagt …

thomas_editorial… sie habe keine Idee, was sie ihrem Freund dieses Jahr schenken sollte. Das würde auch immer schwerer, gerade bei Menschen im mittleren Lebensalter, weil ihnen kaum etwas fehlte, bemerkte ich dazu. Sie müsse sich schon die Mühe machen, um sich ein sehr persönliches, emotionales oder romantisches Präsent einfallen zu lassen. Das hätte sie in der Vergangenheit schon versucht. Er sei aber kein Typ, der sich über solche Dinge freuen würde. Es gebe da einen völlig neuen Trend, sagte ich.

Bei Pärchen, die eine intime Verbindung pflegten, aber in getrennten Wohnungen lebten, würden Frauen immer öfter Haushaltsgegenstände verschenken. In der Küche eines Mannes fehlte es an vielen praktischen Sachen. Meine Ex stimmte mir zu. Sie wusste auch sofort mehrere Küchenutensilien aufzuzählen, die sie bei ihrem Freund im Hausstand vermissen würde. In diesem Moment war ich doch erschrocken. Schließlich hatte ich die Bemerkung ironisch und ganz ohne ernsthaften Hintergrund gemacht. Ich wollte ihr nahelegen, dass es vielleicht doch nicht so eine gute Idee sei, einem Mann etwas für die Küche zu schenken. Sie winkte aber nur ab. Lange Jahre hätten viele Männer ihren Ehefrauen etwas für die Hausarbeit geschenkt. Jetzt wäre es an der Zeit, den Spieß mal umzudrehen. Das würde ich verstehen, aber ob es für die gegenseitige Zuneigung förderlich wäre, daran äußerte ich Zweifel. Das interessierte meine Ex nicht mehr. Das diesjährige Weihnachtsgeschenk war in diesem Moment beschlossene Sache und ihr Freund sollte unbedingt ein Backformenset bekommen. Ich quittierte ihre Entdeckung nach oben gerollten Pupillen und fragte, wie viele Kuchen ihr Freund schon für sie gebacken hätte? Eben keinen und deshalb sei jetzt beste Gelegenheit, ihn dazu zu motivieren. Vermutlich würde sie genau das Gegenteil erreichen. Doch ließ ich meine Ex in dem Glauben. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, musste es sich ihrer Meinung nach auch genauso erfüllen. Die Enttäuschung über das Vorhaben würde ich mir ganz sicher ein anderes Mal anhören können.
Thomas Wischnewski