In Paris haben 195 Länder das kohlenstoffarme Zeitalter eingeläutet. Per Dekret wird die Reduzierung der Treibhausgase zur Verhinderung einer fortschreitenden Erderwärmung verordnet. Ob’s das Klima kümmert, ist fraglich.
Von Gerald Wolf
Nicht richtig zu verstehen, was da um einen herum passiert, ist unangenehm, kann hinderlich sein. Ja sogar gefährlich. Schon immer war das so. Ein Rascheln im Busch – was ist das? So fragte sich der Steinzeitmensch, und so tun wir’s heute. Ein Tier?
Ein Mensch? Gar einer mit bösen Absichten? Oder doch nur der Wind? Ständig fragen wir uns, was da wo und wann passiert, um uns und in uns. Und ständig suchen wir nach Antwort. Im Beruf, in der Familie, im Supermarkt, auf der Straße, beim Fernsehen, im Internet, oder wenn wir im Bett liegen, und das Herz unregelmäßig schlägt oder die Wade krampft. Der Stoff, aus dem die Wissenschaft gemacht ist, besteht ebenfalls aus Fragen und aus den Versuchen, Antworten zu finden. Um bündige muss gerungen werden, Jahre, mitunter Jahrzehnte lang. Und auch dann können die Antworten noch immer vage sein. Zum Beispiel auf die Frage, leben wir in einem Universum oder in einem Multiversum? Oder: Wie machen wir selbstfahrende Autos vor Angriffen von Hackern sicher? Was ist Geist, wie entsteht er in dem Geflecht aus Nervenzellen? Was verursacht Schizophrenie, was Depression? Oder: Was ist der Grund für das Altern, können wir ihn abstellen? Wie ist zu verhindern, dass die vielen Immigranten nicht in Parallel- oder gar Kontergesellschaften abdriften? Wie wird unser Wetter in sieben Tagen, in vierzehn, wie in einem Jahr?
Vergleichsweise einfach hingegen scheint die Sache mit der globalen Erwärmung zu sein. Und wie man sie abstellt. Durch Verminderung der Treibhausgase nämlich, vor allem des Kohlendioxids (CO2). Das weiß jedes Kind. Auch dass es auf diese Weise gelingen wird, die Erderwärmung in den kommenden Jahrzehnten auf weniger als zwei Grad Celsius herunterzudrücken. Dennoch, ich das verstehe nicht, und manch andere auch nicht. Sogar einige Fachleute nicht, Klimatologen, nämlich dann, wenn sie sich auf präziseste Messungen der Erdoberflächentemperatur beziehen. Auf Satellitendaten gestützt, meinen sie, im gesamten Erdenrund gäbe es zurzeit überhaupt keine dauerhafte Erwärmung. Zwar schwankten die Daten von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr, aber seit etwa 2005 hätten wir bei all der Wackelei im Durchschnitt eine konstante Phase oder gar eine der Abkühlung. Und das im Gegensatz zu den Verlautbarungen der großen Masse der Klimatologen und Klimaschutzpolitiker, der Politiker im Allgemeinen, des Papstes und der anderen Kirchenvertreter, wie überhaupt im Unterschied zur Meinung der vielen, vielen besorgten Menschen in aller Welt. Noch ärger: Manche der „Klimaskeptiker“ (in Analogie zu den Gottesleugnern gern auch „Klimaleugner“ genannt) behaupten, das mit den Treibhausgasen sei physikalisch Unsinn, weil für den postulierten Treibhauseffekt Grenzschichten vorauszusetzen wären. Unsere Luft böte solche Phasenunterschiede nicht, nur eben an der Grenze zu den Wolken. Tatsächlich, Luft ist ein Gemisch aus Stickstoff und Sauerstoff, das weiß jeder Schüler (es sei denn, er hat Physik oder Chemie abgewählt, oder er tendiert dazu). Außerdem gehören zur Luft geringfügige Beimischungen, solche aus verschiedenen Edelgasen, aus Kohlendioxid (CO2), Ozon, Stickoxiden und Methan, Staub und Dreck. Wenn es stimmen sollte, dass derartige Gasgemische mangels Grenzschichten nicht in der Lage sind, die von der Erde abgestrahlte Wärme zu reflektieren, wie will man dann, frage ich mich, für CO2 oder Methan oder Stickoxide den Titel „Treibhausgase“ oder „Klimakiller“ verteidigen?
Ich verstehe das alles nicht, weil ich weder Physiker noch Klimatologe bin. Aber lesen kann ich, und so kommt bei mir die Frage auf, was denn an der ganzen Klimastory wahr ist und was falsch. Auch so manch andere fragen sich das, nicht nur vormalige DDR-Bürger, die gelernt haben, ihre Ohren zu spitzen, wenn es um Linientreue geht, um „politische Korrektheit“, wie es heute heißt. Politisch korrekt z. B. ist, von „erneuerbaren Energien“ zu reden. Nach dem Energie-Erhaltungssatz der klassischen Physik jedoch kann Energie weder erzeugt noch vernichtet werden, mithin auch nicht erneuert. Gemeint also sind erneuerbare Energiequellen. So viel Zeit sollte der Wissenschaftlichkeit halber doch wohl sein, das korrekt auszudrücken. Ein großes Verständnisproblem habe ich damit, dass Vorhersagen des Wetters (das ja immerhin etwas mit Klima zu tun hat) spätestens mit dem 3. Tag unsicher werden, solche über das Klima in 20, 30 oder 50 Jahren aber ohne Weiteres möglich sein sollen. Soviel sich dank veröffentlichter Daten schlussfolgern lässt, hat die Konzentration des „Klimakillers Nr. 1“, des CO2, seit der vorindustriellen Zeit ständig zugenommen. Sie stieg um etwa ein Viertel, nämlich von 0,03 auf 0,04 Prozent. Allerdings, ziemlich dumm für die Klimaschützer, macht da die globale Temperatur nicht mit. Sie ist seit 2005 gleich geblieben oder – je nach Datenquelle – gar wieder gesunken. Umgekehrt nehmen die Meereisdicke und das Meereisvolumen wieder zu. Wirklich ärgerlich, besonders für die Klimapolitik.
Auch hat es in den vorigen Jahrhunderten und Jahrtausenden Änderungen in der CO2-Konzentration gegeben (auch viel höhere als heute), ohne dass entsprechende Klimaänderungen folgten. Mitunter sind diese sogar gegenläufig gewesen. Messungen in Bohrkernen kilometerdicker Eisschilde an den Polen ergaben, dass die CO2-Konzentration den Temperaturveränderungen in keinem Fall vorangegangen war, sondern immer hinterherhinkte. Was ist denn nun Ursache und was Folge? Verstehe das, wer will.
Einige der Faktoren, die das Weltklima beeinflussen, sind gut bekannt. Die Sonnenaktivität z. B. und weltweite Luft- und Meeresströmungen. Sie bewirkten das Auf und Ab des Klimas auch in den Zeiten, in denen es noch gar keine Menschen gab. Und welche Rolle spielen diese Umstände heute? Da sollte man sich mal bei den Experten umhören, den Klimatologen. Natürlich nicht nur bei denen, die von der Klimapolitik in Form großzügiger Forschungsgelder profitieren, sondern auch bei jenen, die bereits pensioniert sind. Oder bei denen von der Alternativen Klimakonferenz, die Ende des vorigen Jahres zeitgleich zur Pariser UN-Klimakonferenz in Essen tagte. Immerhin soll es zur Dramatisierung der menschgemachten Klimakatastrophe Manipulationen geben, ja sogar Fälschungen. Wohlgelitten, wie man sagt, weil sie wunderbar ins politische Bild passten. – Verstehen Sie das, verehrte Leserin, verehrter Leser?
Was ich hingegen gut verstehe, ist, dass das Kohlendioxid zur Natur gehört. Nicht nur hauchen die Vulkane dieses Gas aus, wir Menschen tun’s auch. Zu 4 Prozent besteht unsere Ausatemluft aus CO2. Sämtliche Tiere und viele Mikroben produzieren diesen Stoff. Selbst die Pflanzen atmen und verströmen dabei das Gas. Andererseits können sie ohne CO2 gar nicht existieren, da sie daraus, per Photosynthese, ihre Biomasse aufbauen. Und von dieser hinwiederum ernähren sich Tier und Mensch (oder eben von Tieren, die ihrerseits Pflanzen fressen). Ähnlich die meisten Mikro-Organismen, Bakterien also und Pilze. Klar, die Pflanzendecke der Erde wird durch menschliche Übernutzung immer dünner und siecht an ihren Rändern unter Versteppung und Verwüstung dahin. Allein schon deshalb sollte sich das CO2 in der Atmosphäre anreichern. Ohne Schornsteine also und Kfz-Auspüffe. Andererseits ist man sich weltweit einig, dass etwa 4 Prozent des Kohlendioxids der Erdatmosphäre durch die menschliche Technik verursacht sind (hatten Sie etwa gedacht, es sei mehr?), durch Kraftwerke also, durch Industrie, Autos, Heizung und so weiter. 4 Prozent gemessen an den 0,04 Prozent CO2-Anteil der Atmosphäre macht 0,0016 Prozent. Deutschland soll an diesen 0,0016 Prozent mit etwa 3,1 Prozent beteiligt sein. Ergo rund 0,00005 Prozent der Weltluft ist deutsches CO2! Das sind 5 Moleküle von 10 Millionen Molekülen; 0,5 parts per million (ppm). Um diesen Anteil nach Möglichkeit konstant zu halten oder gar noch zu drücken, ist Deutschland bereit, viel Geld auszugeben. Wie es heißt, spendet es 30 Milliarden Euro für den Klimaschutz, im Wesentlichen für alternative Energiequellen, um unseren CO2-Ausstoß zu vermindern. „Dekarbonisierung“ ist das Zauberwort. Und das bei all den Unklarheiten in Hinblick auf Ursache und Wirkung!
Klar, wir sind ein reiches Land. So jedenfalls wird uns gesagt, trotz der zwei Billionen Euro Schulden und abgesehen der für andere Länder eingegangenen Haftungen, was ich ebenfalls nicht verstehe, jedenfalls nicht so ohne Weiteres. Wie stark von dem Klima-Opfergeld die Klimatologen profitieren und all die Politiker und Organisationen, die sich um den Klimaschutz kümmern, weiß ich nicht. Auch nicht, was das alles weltweit kostet. Demgegenüber ist das, was die 12-tägige Pariser UN-Klimakonferenz gekostet hat, sicherlich nur ein Klacks. Immerhin mussten die 40.000 Teilnehmer an- und abtransportiert, untergebracht und verpflegt werden, um schließlich das Klimaabkommen zu beschließen, das für die nächsten Jahrzehnte die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2° Celsius vorsieht. Einige der Delegierten in Paris sollen Tränen in den Augen gehabt haben, als ihre Beschlussvorlage abgesegnet wurde. Von ihnen selbst abgesegnet. Malen Sie sich aus, verehrte Leserin, verehrter Leser, man müsse irgendwann erkennen, das mit dem CO2 sei ein riesiger Irrtum (tatsächlich wird mancherorts von „CO2-Lüge“, von „Klima-Schwindel“ gesprochen) und der Klimawandel, zumal der menschgemachte, wäre eine Art von Religion, etwas, das mit Glauben, aber nichts mit Wissen zu tun hat! Und selbstredend mit Geld. Mit viel Geld. Mit meinem und mit Ihrem!
Da kommt mir eine Idee: Die für die Klimapolitik Verantwortlichen sollten das, was sie Fakten nennen, einmal auf den Tisch legen und mit all den Menschen diskutieren, die das interessiert. Offen und ehrlich. – Offen und ehrlich! Als ob es um eine Ausnahme ginge, um eine Vergünstigung. Es ist dasselbe Übel wie auf allen anderen Feldern der Politik: Das Hintermberghalten von Informationen verhaftet uns Bürger in der Unmündigkeit. Unmündigkeit aber „ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen“ (Immanuel Kant: Was ist Aufklärung? 1784). Sollte das etwa gewollt sein, in einer Demokratie?
Deshalb wohl bleibt es auch dabei: Ich versteh unsere Welt nicht recht, und schon gar nicht ihre Erwärmung.
Der Autor: Prof. Dr. Gerald Wolf, Studium der Biologie und Medizin, bis zu seiner Emeritierung 2008 Direktor des Instituts für Medizinische Neurobiologie an der hiesigen Universität.