Keine Lust, Staub zu saugen, Wäsche zu waschen? Die paar Handgriffe sind doch wohl kein Problem. Immerhin erledigt sich der Haushalt heute, im Gegensatz zu früher, fast von allein.
Von Tina Heinz
Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien“, soll der irische Schriftsteller Oscar Wilde gesagt haben. Wie Recht er doch hatte, sieht man bereits im Alltag – an den „einfachsten“ Dingen, die uns umgeben und mit denen wir täglich zu tun haben. Im Haushalt beispielsweise. Hätten Sie vor vielen Jahren gedacht, dass eines Tages eine kleine programmierbare Maschine durch Ihr Wohnzimmer fahren würde, um dort Staub zu saugen? Oder stellen Sie sich das Gesicht einer mit einem Birkenreisigbesen fegenden Magd im Mittelalter vor, wenn man ihr gesagt hätte, dass es im 20. Jahrhundert elektrische Geräte geben würde, die den Dreck wie von Zauberhand „verschlucken“. Utopisch!
Nun, von dieser Warte aus betrachtet – Haushalt im Mittelalter und Haushalt heute – mag alles utopisch erscheinen. Die Möglichkeiten damals waren doch sehr begrenzt. Wohnen und das Arbeiten fanden in enger räumlicher Nähe statt. Die Menschen, die nicht zu den Betuchteren gehörten, lebten oft in einfachen Hütten, die einen Hauptraum besaßen, der alles vereinte: Küche-, Schlaf- und Wohnraum. Im 16. Und 17. Jahrhundert, schreibt Jürgen Kuczynski in seinem fünf Bände umfassenden Werk „Geschichte des Alltags des deutschen Volkes“, gehörten zur Einrichtung eines typischen Bauernhauses das Ofenrick, an dem Wäsche aufgehängt und getrocknet wurde, ein paar Schüsseln, Krüge und Näpfe, die auf schlichten Brettern an den Wänden aufgereiht waren. Des Weiteren fand man im Wohnraum Werkzeug, das Waschfass samt Handtuch, einen großen Tisch, Schemel und Bänke. Haupteinrichtungsgegenstand war das Bett mit Strohbreite, Kissen, Zudecke und Decklaken.
Um an kalten Wintertagen nicht zu sehr zu frieren, wurde die Wärme genutzt, die der Ofen und der Herd erzeugten. Als Lichtquelle diente oftmals nur das Tageslicht, das durch Fenster und Tür in den Raum fiel. Das teure Wachs, das zur Herstellung von Kerzen benötigt wurde, konnten sich viele nicht leisten und mussten daher auf Holz und Tran zurückgreifen, um Feuer für eine Licht- bzw. Wärmequelle zu entfachen.
Lange Zeit änderte sich an diesen Verhältnissen nichts. Nach dem 30-Jährigen Krieg und mit dem später niedergehenden Feudalismus traten eher Verschlechterung ein – die arbeitende Bevölkerung wurde sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zunehmend ausgebeutet. Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts machte sich ein Aufschwung bemerkbar. Die Industrialisierung brachte Neuerungen und damit Fortschritt in gewissem Maße. Doch vieles, was im Haushalt – insbesondere für die Hausfrau und Mutter – eine Erleichterung gewesen wäre, konnte sich der Durchschnittsbürger nicht leisten. Es blieb bei mühsamer Handarbeit.
Nehmen wir beispielsweise das Bügeleisen. Bereits vor etwa 2000 Jahren nutzten die Chinesen der Han-Dynastie eine Art Vorläufer, um Gewänder aus Seide zu glätten. Sie machten sich dabei das Prinzip zunutze, das auch heute noch beim Bügeln Anwendung findet: Metall erhitzen, um damit den Stoff von Falten zu befreien. Die ersten Bügeleisen, die unserer heutigen Vorstellung von diesem Gerät nahekommen, gab es im 15. Jahrhundert und bestanden aus einer massiven Metallplatte mit Griff, die auf einer Ofenplatte erhitzt wurde. Eine Weiterentwicklung – wenn auch noch immer recht umständlich im Gegensatz zur heutigen Technik – war das Plätteisen, das bis ins 19. Jahrhundert genutzt und danach vom Kohle-Bügeleisen abgelöst wurde. Bei beiden handelte es sich um hohle Gegenstände aus Metall, an deren Rückseite sich eine Klappe befand. Durch die Klappe konnte eine erhitzte eiserne Platte – bzw. später dann glühende Kohle – in den Hohlraum geschoben werden, um so die Sohle des Bügeleisens zu erwärmen.
Fortschrittliche Entwicklungen brachten auch Bügeleisen hervor, die an Gasleitungen angeschlossen oder durch Spiritusbrenner erhitzt wurden. Erst im 20. Jahrhundert wurden – im Zuge der Elektrifizierung der Haushalte – elektrische Bügeleisen, die über einen Thermostat mit Drehrädchen verfügten, salonfähig. Erste Stromnetze wurden zwar schon im ausgehenden 19. Jahrhundert etabliert. Doch erst in den 1920ern und 1930ern erreichte die Elektrifizierung auch städtische und später ländliche Haushalte in Deutschland. Elektrische Beleuchtung war zu diesem Zeitpunkt keine Seltenheit mehr. Steckdosen hingegen schon. Weshalb diejenigen, die sich ein elektrisches Bügeleisen leisten konnten, ihr Gerät über einen Adapter in der Lampenfassung anschließen mussten, um es in Betrieb zu nehmen.
Ähnlich wie dem Bügeleisen erging es auch anderen Haushaltsgeräten wie der Waschmaschine oder dem Staubsauger. Eine stetige Weiterentwicklung einfacher Konstruktionen brachte kleine Erleichterungen im Haushalt. Doch der große Sprung nach vorn – und damit ist ausnahmsweise nicht Mao Zedongs wahnsinnige Kampagne gemeint – gelang erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts. 1951 kam in Deutschland die vollautomatische Waschmaschine auf den Markt. Ebenfalls in den 1950er Jahren gab es erste transportable Staubsauger. Wer es sich leisten konnte, verfügte vorher bereits über Hausstaubsauger. Ein recht unpraktisches zentrales Gerät, von dem aus Rohre durch das gesamte Haus führten, die in Schlauchleitungen mit angeschlossenem Handgerät in den einzelnen Zimmern mündeten.
Die ersten elektrischen Geräte – egal welcher Art – kosteten ein kleines Vermögen. Und heute? Heute gehören Haushaltsgeräte, zumindest in unserem Kulturkreis, zur Normalität. Staubsauger? Waschmaschine? Bügeleisen? Toaster? Kaffeemaschine? Nichts Besonderes … können wir uns leisten, gehört dazu, ist doch nicht mehr so utopisch. Und es gibt ständig etwas Neues – Fortschritt eben. Ob der immer so sinnvoll ist und uns hilft, den Haushalt schneller zu bewältigen oder einfach angenehmer zu gestalten? Das darf jeder selbst entscheiden. Anregungen dazu finden Sie auf den folgenden Seiten.