… wir schaffen das nicht. Ich stutzte bei der Bemerkung und dachte, sie wollte eine Diskussion um den Satz der Kanzlerin über Flüchtlinge lostreten. Aber ich lag total daneben. Meine Ex begann eine endlose Aufzählung darüber, warum Männer nicht in das Leben einer Frau integrierbar wären. Mangelndes Einfühlungsvermögen, zu wenig Aufmerksamkeit, Unverständnis gegenüber den Erwartungen und Wünschen einer Frau waren einige ihrer Hauptvorwürfe gegenüber dem männlichen Geschlecht.
Es folgte die Aufreihung verschiedener praktischer Defizite wie fehlendes Engagement bei häuslichen Pflichten, kaum ausgeprägte Fähigkeiten beim Kochen und völliges Versagen in der Kommunikation mit der weiblichen Seele. Ich stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus und erntete dafür die kritischen Worte: Ich müsse gar nicht so genervt tun und solle lieber zugeben, dass sie Recht hätte. Ich versuchte den verständnisvollsten Blick aufzusetzen, der mir möglich war, und hielt ihrer Behauptung entgegen, dass es unzählige Beispiele gebe, die genau das Gegenteil zeigen würden. Außerdem fügte ich noch hinzu, dass es wenig hilfreich sei, ihre persönlichen Erfahrungen zu verallgemeinern. Meine konträre Haltung provozierte sie offensichtlich noch mehr. Ich sei doch der beste Beweis dafür, dass Männer nicht in das Leben einer Frau integrierbar seien. Meine ständigen Verweigerungallüren und besserwisserischen Belehrungen seien der Beleg für Integrationsunfähigkeit. Gegen so ein Geschützfeuer war ich natürlich wehrlos. Ganz bestimmt komme ich als Mann aus einem fremden Kulturkreis, spreche eine andere Sprache, gebe mich uneinsichtig gegenüber weiblich wohlmeinenden Hinweisen und besitze eine angeborene Verweigerungshaltung. Ich schloss mit der Behauptung, dass ich gegen meine Natur nichts machen könne. Sie gab sich über meine Einlassung sichtlich zufrieden. Schließlich konnte ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass Integration der männlichen Kultur in die weibliche wohl ein zweiseitiger Prozess wäre. Für sie war das nur ein weiterer Beweis für meine Integrationsverweigerung, weil ich mich ihrer Position wieder keinen Millimeter angenähert hatte. Ich beließ es dabei, dass ich den Graben nur tiefer schaufeln würde.
Thomas Wischnewski