Ich finde, ein schöner Übertitel. Gut, ich gebe offen zu, dass dieser Titel nicht zu 100 Prozent auf meinem mentalen „Misthaufen“ gewachsen ist. Doch: „Wo alles klaut, will ich allein nicht dichten!“ Einer der effizientesten „Raus-Reden“ so mancher Autoren. Und eigentlich stimmt dieser Übertitel auch gar nicht so richtig. Auch die Elbe ist seit 25 Jahren nicht mehr dieselbe.
Der Geruchskoeffizient dieses einzigen naturbelassenen Stroms deutscher Nation tendiert immer mehr gegen Null. Soll heißen: Sie stinkt nicht mehr. Aber sie hat! In Kindertagen unternahmen wir mit der gesamten Familie oft Ausflüge mit der damaligen und heute noch existierenden „Weißen Flotte“ in Magdeburg. Zuerst mit dem Zug nach Möser. Dann eine Wanderung vorbei an der Quickbornquelle hin zum Anleger in Hohenwarthe. Dort wartete schon „Hermes“. Der letzte Schaufelraddampfer der „Weißen Flotte“. Falls wir uns beim Wandern mal verlaufen hatten, galt die Devise: „Immer der Nase nach“! Auch bei Gegenwind! Wir haben die Elbe immer gefunden.
Mitte der 1990er Jahre fuhr ich noch einmal mit dem Schiff auf der Elbe. Dieses Mal beruflich. Nein, jetzt nicht als Kapitän. Traumschiffe fahren ganz woanders. Als Kabarettist. Ein Stunde Programm. Dann vier Stunden Schiffen. Das hat auch sein Gutes. Das Publikum auf einem Schiff kann nicht flüchten und man übt sich in Geduld bis der Kahn dann am Petriförder einen wieder in die Freiheit entlässt.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Gespräch mit dem Schiffsführer. Plötzlich dachte ich ziemlich laut, dass hier auf der Elbe irgendetwas anders ist als früher. Der Kapitän muss meine lauten Gedanken „gerochen“ haben. Er sagte zu mir: „Die Elbe stinkt nicht mehr. Kein Altöl! Kein Phenol! Die Elbe ist zum größten Teil nicht mehr die Kloake der Industrie. Die Elbe fließt nicht nur, sie lebt wieder. Eine Überpopulation von Wollhandkrabben, der Burgen bauende Biber und sogar Lachse sind der Beweis für die biologische und ökologische Gesundung unseres Flusses.“
Ähnlich der Elbe hat sich auch die Stadt verändert, welche vom Dom und jenem Fluss liedhaft geprägt ist. Magdeburg ist seit 25 Jahren wie die Elbe auch irgendwie gesundet. Magdeburg ist das Herz des Landes Sachsen-Anhalt. Gut, wir bräuchten noch den einen oder anderen Herzschrittmacher. Aber das Herz der Stadt schlägt. Und zwar auf der richtigen Seite.
Man hat in der Stadt und durch die Stadt viele neue Straßen gebaut. Zum Beispiel die „Straße der Romanik“. Eine Stadt wie Magdeburg muss eben mit ihren Pfunden wuchern. Plötzlich kamen immer mehr Fremde in diese Stadt. Was sage ich denn Fremde! Wir nennen sie im offiziellen Sprachgebrauch sogar „Touristen“. Ja! Es gibt Menschen die kommen freiwillig nach Magdeburg! Noch vor 25 Jahren sagte man hinter vorgehaltener Hand: „In Magdeburg ist es dunkel wie in einem Bärenarsch! Aber niemand will in die Finsternis!“
Aber heute wird es quasi immer heller in der Stadt. Und nicht, nur weil seit über 13 Jahren die Tangente endlich wieder beleuchtet ist. Dieser Fakt belastet zwar nun wieder die Stadtkasse, aber er bringt auch eine neue Einnahmequelle. Viele Autofahrer, die wie gewohnt auf die Tangente auffahren, vergessen das Fahrlicht am Wagen einzuschalten. Das kostet auch etwas. Dann aber den Autofahrer.
Und noch eines: Magdeburg ist statistisch die zweitgrünste Großstadt des vereinten deutschen Vaterlandes. Und nicht erst seitdem sich die „Grünen“ wieder im Landtag von Sachsen-Anhalt die poltisch relevanten Fakten am Rednerpult um die eigenen Ohren hauen.
Doch das Allerschönste vom Schönen ist: Viele Magdeburger, die damals weg sind, kommen wieder. Sehnsucht? Hatte ich nie! Ich war ja nie weg. Ich konnte meine Stadt wachsen sehen. Und ich kann stundenlang der Elbe zusehen. Einfach nur beim Fließen. Ich glaube, ich habe ganz schön nahe am Wasser gebaut. Aber es muss Elbwasser sein.
Herzlichst Ihr Frank Hengstmann