„Schöne Schei…“ – dachte Fredi Fuchs, der sich ebenjener gerade dringlichst entledingen musste. Diese Erkenntnis basierte auf urplötzlich eingetretenen, starken Unterleibskrämpfen und einem explosiven Druck, dem auch der Stärkste nicht dauerhaft gewachsen ist. Die Rache Montezumas hatte ihn quasi innerlich fest im Griff. Panikschweiß rann ihm von der Stirn und er rutschte auf dem – gottlob ledernen – Sitz seines braunen Ford „Mastang“ hin und her, bis er eine Abzweigung von der bisher befahrenen Bundesstrasse sah, bremsen und endlich abfahren konnte. Kein Baum, kein Strauch in der Nähe der Straße, ratterte er noch einige Meter in Richtung eines kleinen Gehöftes, wo er gerade noch, mit Klopapierrolle bewaffnet, aus dem Wagen hechtend und die Autotür zuknallend eine Strauchgruppe erreichte, sich darin niederließ und dann endlich der Natur ihren gewissermaßen freien Lauf lassen konnte… Ein kleines, an der Abzweigung befundenes Schildchen mit handschriftlichem Vermerk „Betreten Verboten!“ hatte er dabei wirklich nicht mehr wahrnehmen können. Gemacht, getan – mit einem glückseligen Lächeln im Gesicht und einem zufriedenen, erleichterten Seufzer kehrte er zu seinem Ford zurück, verstaute seine graue Rettungsrolle unter dem selbstgehäkelten bunten Hütchen auf der Ablage und wollte gerade den Motor starten … da kam ihm ein schreiendes, wutschnaubendes Männchen, namentlich Max Bolte, entgegen und bezichtigte ihn des Mordes – ja, des Massenmordes – an seinen 143 Zuchthühnern, die aufgrund des Lärms durch das Zuknallen der Autotür direkt neben dem Stall in Panik geraten waren und allein dadurch verendet wären. „Was für eine Hühnerkacke – oder bin ich etwa bei: Verstehen Sie Spaß?“, fragte sich Fredi. Doch mitnichten – das sofort von ihm inspizierte Federvieh war in der Tat unumkehrbar verstorben – irgendwie tatsächlich „vor Schreck verreckt“. Auch Fredis ehrlich ausgedrücktes 143-faches, herzliches Beileid, sogar ein „Fuchs“ aus seiner Brieftasche für das ungewollte Hinterlassen des Naturdungs an der Strauchgruppe halfen nicht, Max Boltes Schmerz zu lindern – 4 Wochen später hatte er eine Schadensersatzklage am Hals und sollte eine astronomische Summe an Hühnerzüchter Bolte zahlen. Also ab zum Anwalt, denn nur der konnte ihm wohl noch helfen und dann ging´s später zum Prozess – zuerst an´s Landgericht und dann ab in die nächste Runde der 2. Instanz an das Oberlandesgericht. Boltes herzergreifendes Schluchzen vor den 3 Richtern hat er heute noch im Ohr: „Meine Trauer ist so groß, als sie später nackt und bloß abgerupft am Herde lagen, sie, die einst in schönen Tagen bald im Stalle, bald im Garten lebensfroh im Sande scharrten.“ Und was wurde da im Namen des Volkes geurteilt? Hühnerkacke oder schuldhafter Massenmord? Was meinen Sie? Hier die Auflösung: Ein Autofahrer haftet nicht für Tod von Hühnern nach Panikreaktion durch zu lautes Zuschlagen der Autotür! Ein Autofahrer kann nicht dafür haftbar gemacht werden, wenn durch das laute Zuschlagen seiner Autotür in der Nähe eines Hühnerstalls 143 Hühner (ISA Brown) vor Schreck sterben. Mit einer derartigen „Panikreaktion“ der Hühner muss ein Autofahrer nicht rechnen. Im zugrunde liegenden Fall verendeten tatsächlich143 Hühner aufgrund einer Panikreaktion. Der Eigentümer der Tiere (also Max Bolte, der Kläger) führte die Panikreaktion der Hennen auf das Verhalten eines Autofahrers (Fredi Fuchs, der Beklagte) zurück. Dieser sei mit seinem PKW in die unmittelbare Nähe des Stalles gefahren und habe die Tür des PKW geöffnet und geschlossen. Die Hühner der ISA Brown würden ungewöhnlich empfindlich gegen Lichtreize und Geräusche sein, trug der Max Bolte vor Gericht vor. Er verlangte von Fredi Schadenersatz für die verendeten Hühner. Das Gericht wies die Klage ab! Also kein Schadenersatzanspruch für Max Bolte – Fredi Fuchs musste nichts zahlen. Das Gericht entschied, dass bei wertender Betrachtung die Empfindlichkeit der Tiere ihren Grund in der Intensiv-Aufzucht, das heißt der Haltung einer großen Anzahl von Tieren in verhältnismäßig engen Stallungen habe. Diese Empfindlichkeit sei das Risiko des Tierhalters und gehöre nicht zu den Nachteilen aus der Duldung des Kraftfahrzeug-Betriebes. Dass der Beklagte über den ca. 50 m langen Zuweg zu den Stallungen gefahren sein soll, obwohl der Kläger eingangs des Weges ein Schild „Betreten verboten“ aufgestellt habe, ändere daran nichts. (Quelle: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11.12.1996 – 13 U 121/96 -) Fredi war natürlich heilfroh und er konnte sein Vertrauen in die Gerechtigkeit deutscher Rechtsprechung behalten. Er hatte nicht nur ein gerechtes Urteil bekommen, sondern sogar Recht! Zum Dank lud er noch seinen Rechtsanwalt zum Broileressen ein. Einfach lecker.
Ihr Rechtsanwalt Andreas Dahm – www.kanzlei-dahm.de