… dieses typische Männergehabe gehe ihr mächtig auf den Kranz. Ich trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, um zwischen ihrem Erregungsausbruch und mich einen Sicherheitsabstand zu bringen. Vorsichtig fragte ich, wobei ihr denn dieses Männergehabe aufgefallen sei. Statt eines Beispiels erhielt ich zur Antwort, dass dies doch immer und überall herausgehalten würde. Permanent würde sich die Herrenwelt um die eigenen Eitelkeiten kümmern. Es gehe stets darum, wer wem etwas zu sagen hätte und wer die größeren Statussymbole vorweisen kann. Meine Ex wetterte sich die ganze Entrüstung von der Seele und ich ließ sie gewähren. Nach einer Weile gab ich ihr zu bedenken, dass man, um einen bestimmten Typus zu identifizieren, das Verhalten oder die Gesamtsituation möglicherweise aus einem eigenen Typus heraus bewertet. Es könnte also durchaus sein, dass ein männliches Gehabe nur die andere Seite einer Medaille ist. Daraufhin schaute sie mich mit großen vorwurfsvollen Augen an und überschüttete mich wütend mit den schärfsten Argumenten über eine maskulin geprägte und Männer dominierte Gesellschaft, unter der Frauen fortwährend benachteiligt würden. Gegen ihre Totschlagbehauptungen schien natürlich kein Kraut gewachsen. In solchen Momenten fühlt man sich als Mann klein und hilflos. Und ganz sicher hat das alles nichts mit einem weiblichen Gehabe zu tun, dachte ich mir im Stillen. Als sich die Wogen zu glätten schienen, erklärte ich meiner Ex, dass man sprachwissenschaftlich herausgefunden habe, das 46 Prozent aller deutschen Substantive mit einem femininen Artikel versehen sein und 20 Prozent neutral wären. Von einer vermännlichten Sprachwelt kann rein sprachwissenschaftlich gar nicht die Rede sein. Sie möge manchmal doch besser auf ein paar konkrete Fakten schauen, bevor sie mit weiter getratschten Vorurteilen um sich würfe. Gut kam mein Einwand jedenfalls nicht an. Sie hatte sich entrüstet und grußlos abgewandt und war gegangen. Nein, dachte ich, jetzt sollte ich besser nicht denken, dass ihre Reaktion ein typisch weibliches Gehabe gewesen wäre, verantwortlich war bestimmt eher meine übliche Männereitelkeit, immer Recht behalten zu wollen. Während ich dies dachte, fühlte ich mich ziemlich mies. Woher kommt nur dieses schlechte Gewissen? Thomas Wischnewski