Bankgebäude mit langer Tradition

Breiter Weg VoBaAus der 100-jährigen Geschichte der Volksbank Magdeburg: Breiter Weg 212 Fortsetzungsserie – Teil 5

Der Breite Weg – erstmals erwähnt in der Schöppenchronik im Jahr 1207 – ist seit Jahrhunderten die Hauptverkehrsader Magdeburgs. Sein Bild änderte sich im Laufe der Zeiten – Brände, Kriege und neue Verkehrsströme hinterließen während der Jahrhunderte Spuren in der „Vorzeige-Straße“. Auch das Gebäude auf dem Breiten Weg 212 – heute Hauptsitz der Volksbank Magdeburg eG – kündet mit einer wechselvollen Geschichte vom Wandel im Laufe der Jahrhunderte. 1631: Vor der Stadt Magdeburg lagern mehr als 30.000 Söldner in ihren Stellungen. In der Stadt harren 35.000 Menschen aus, verbarrikadiert in Kirchen, Kellern, Festungen. Am 10. Mai gibt Feldherr Tilly den Befehl zum Sturm – nach nur drei Stunden ist die Festung gefallen. Munitionsknappheit, die Übermacht der Angreifer und ein Großbrand nach einer verheerenden Kanonade – die Söldner Tillys erstürmen Magdeburg vom Norden aus. Doch der Dreißigjährige Krieg verschonte nur 200 Häuser in der Stadt, der Rest war nur noch Schutt und Asche – dazu zählte auch der Breite Weg 212, das einst der Domherrenkurie und damit der Gerichtsbarkeit des Domkapitels unterstand. Breiter_Weg_212_1937_7_9_14151Neu erbaut wurde die Kurie erst wieder 1657 durch dendamaligen Domherrn Erasmus Dietrich von Bennigsen. Sein Nachfolger Domherr Friedrich Asche von der Asseburg ließ im Hause Modernisierungen ausführen. Auch prominente Besetzung kann das Gebäude verzeichnen: Bis zu seinem Tod 1742 ist der Domherr Hieronymus von Münchhausen eingetragen. Als späterer Inhaber des Gebäudes verzeichnen die Akten im Stadtarchiv Magdeburg Gerhard Johann von Alvensleben, der 1763 verstarb. Von 1795 an gehörte die Kurie dem Domherrn und preußischen Staatsminister Otto Karl Friedrich von Voß. Letzter Kurieninhaber war Wilhelm Christian Karl Graf Cainein. Das Adressbuch der Stadt Magdeburg von 1803 nennt als Eigentümer den Kaufmann Steinemann, der 1822 den Gebäudekomplex komplett umbauen ließ und noch 1845 als Eigentümer genannt wurde. 1852 gehörte das alte Haus Neubauer & Porse, 1870 dem Kaufmann Neubauer. 1902 erfolgte der Neubau eines Bankhauses nach einem Entwurf des Baumeisters Bahrs. In der aufwendigen Fassade des dreigeschossigen Werksteinbaus verschmelzen Formen der Gründerzeit und Neurenaissance. Ein Jahr später wird das Bankgebäude offiziell abgenommen und trägt jetzt den Namen „F. Neubauer Bankgeschäft“. Als Eigentümer ist 1914 und 1925 der Bankier A. Neubauer aus Hamburg genannt. Schon 1919 erfolgt ein Umbau des Bankhauses. So erfolgt die Erweiterung der Kassenräume, die Garderobenräume der Angestellten verlegt man vom 1. Stock ins Kellergeschoss, um Platz für Verwaltungsräume zu gewinnen. Weiterhin kommt ein Anbau in halber Erdgeschosshöhe hinzu, um die aus dem Krieg heimgekehrten Beamten unterzubringen, ohne die bis dahin als Ersatz angestellten Hilfsarbeiter zu entlassen. Im Jahr 1922 beantragt der Bankier Neubauer einen weiteren Anbau, der einen erheblichen Teil der Hoffläche des Grundstücks umfasst. Der erste Anbau von 1919 sollte dafür weichen. Da das Geldinstitut stetig wuchs und dies eine steigende Anzahl von Mitarbeitern nach sich zog, braucht Neubauer diesen Anbau für neue Geschäftsräume. Der Name des Bankgebäudes hat sich mit der Größe des Unternehmens auch verändert. Die Bezeichnung lautet jetzt „Magdeburger Bau- & Credit-Bank“. 1938 und 1940 ist die Filiale Magdeburg der Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt Eigentümerin des Gebäudes. 1944 werden im Erdgeschoss auf der Seite der Prälaten-Straße (Max-Josef-Metzger-Str.) die Fenster zugemauert, da ein Brand das hier befindliche Archiv vernichten könnte. Das Haus wurde 1945 zum Ende des Zweiten Weltkriegs erheblich beschädigt und brannte bis zum 2. Obergeschoss aus. Durch das fehlende Dach konnte Niederschlagswasser ungehindert bis zum 1. Obergeschoss und in das Erdgeschoss eindringen. Folge ist, dass Decken- und Wandputz zerstört werden. Auch die Fußböden weisen erhebliche Schäden durch eindringendes Wasser auf. Um den Verfall zum Stillstand zu bringen, wurde ein Antrag auf ein Notdach gestellt – Kosten 17.000 Mark. Der Wiederaufbau erfolgte ein Jahr nach Kriegsende. Breiter Weg VoBaDas Haus gehört nun der „Stadtbank Magdeburg“ und der „Garantie- und Kreditbank“. Drei Jahre später ist die Wiederherstellung des Ziegeldaches abgeschlossen, der Ausbau des 1. Obergeschosses fertiggestellt. Insgesamt fließen in die Reparatur- und Sanierungsarbeiten 100.000 Mark. Mit der Umbenennung der Magdeburger Straßen im Jahr 1953 war die Firmenadresse nun nicht mehr Breiter Weg, sondern Notenbank der DDR, Karl-Marx-Straße 212. Dann verliert 1963 das Objekt seinen Status als Bankhaus – die Bezirksleitung der „Freien Deutschen Jugend“ (FDJ) zieht hier ein. Mit der Wende in der DDR endet auch die Ära der sozialistischen Jugendbewegung. Das Haus steht wieder leer und sucht neue Bestimmung. Im Mai 1990 unterschreibt der Vorstand der neugegründeten Volksbank Magdeburg einen Nutzungsvertrag mit der Treuhandverwaltung Liegenschaft des Bundes. Überraschend kommt am 9. Juni 1993 ein Kaufangebot des Bundesvermögensamtes für 3.834.000 DM. Dieses Angebot gilt allerdings nur sechs Wochen bis zum 31. Juli 1993. Der Vorstand der Volksbank macht Nägel mit Köpfen: Am 5. Juli 1993 wird die Kaufsumme überwiesen, zwei Tage später erfolgt die Auflassung im Grundbuch. Am 14. Februar 1994 wird die Volksbank Magdeburg eG als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Im selben Jahr erhält das Gebäude den Status eines Denkmals.