„Es gibt in Magdeburg 70.000 Menschen über 60 Jahre – aber eine Lobby haben sie nicht“, sagt Petra Schubert. Das spornt sie an, sich zu engagieren.
Große runde Tische im Saal, zur Kaffeezeit festlich eingedeckt. Es ist Zeit für Musik am Nachmittag. Bis zu 500 ältere Damen und Herren treffen sich zu einem vergnüglichen Nachmittagskonzert mit Liedern, Kaffee und Kuchen. Petra Schubert organisiert diese Veranstaltungen mit Leidenschaft in Zusammenarbeit mit der internationalen Stiftung und dem Rossini-Quartett zweimal jährlich. Sie tut dies mit Leidenschaft: „Wenn sich die älteren Leute freuen, geht mir das Herz auf.“ Sie achtet auf einen kleinen Eintrittspreis, damit die Teilnahme nicht am Geld scheitert. „Es ist die Generation, die den Weltkrieg überlebte und unsere Stadt wieder aufgebaut hat“, sagt Petra Schubert mit ernstem Blick, „wir sind es ihr schuldig, uns um sie zu kümmern und hin und wieder Danke zu sagen.“ Leider scheinen jüngere das oft zu vergessen, bemängelt sie.
Wegen fehlender Veranstaltungsmöglichkeiten für Senioren hat sich die frühere Leiterin des AMO-Kulturhauses sozusagen „auf ihre alten Tage“ selbständig gemacht. Als Privatperson, ohne Agentur. Natürlich mit separater Buchführung, gesondertem Konto, Abrechnung beim Finanzamt. Die Dipl.-Wirtschaftsingenieurin weiß, wie es geht. Das Besondere: Sie macht alles „ohne Euro-Zeichen in den Augen“, denn die ärgern sie bei anderen sehr. Für viele der älteren Generation seien die hohen Eintrittspreise für Veranstaltungen nicht bezahlbar. „Altersarmut ist auch in Magdeburg ein Thema“, betont Petra Schubert. Also sucht sie nach Alternativen. Beispielsweise gibt es Gespräche im Opernhaus, Zoo und Museum über Sonderpreise für Senioren. „Schließlich werden alle älter, und dann möchten auch sie weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“ Unter anderem organisiert sie seit zwölf Jahren Adventskonzerte des Magdeburger Knabenchors im Hotel Ratswaage, Veranstaltungen wie mit Dagmar Frederik, engagiert sich für das Ensemble der „Schaubühne“, dessen Ehrenmitglied sie ist. Besonders freut sie, dass nach fast 20 Jahren der „Tanztee“ im AMO wiederbelebt worden ist.
Petra Schubert ist bei der CDU sachkundige Einwohnerin im Bereich Kultur, nimmt an Stadtratssitzungen teil, fährt wie kürzlich zur Klausurtagung nach Dessau, wo es um die Fragen der Kulturhauptstadt ging. „Obwohl es viele Senioren gibt, werden Veranstaltungen für diese Generation in Vorbereitung der Kulturhauptstadt vernachlässigt“, kritisiert sie. Also mischt sie sich ein. Die Magdeburgerin scheut keinen Disput. „Ich habe nichts zu verlieren“, sagt sie und fügt augenzwinkernd hinzu: „Ich trage schließlich keinen Maulkorb.“ Im Seniorenbeirat engagiert sie sich an der Seite der Vorsitzenden Angelika Zander. Dabei geht es um gesundheitliche Versorgung, altersgerechtes Wohnen, Verkehrssicherheit, zusammenfassend: „um Beistand bei allen Fragen, die ältere Menschen betreffen“. Dazu wird wöchentlich eine Sprechstunde im Rathaus angeboten, immer donnerstags von 10 bis 12 Uhr. Allerdings „wünschte ich, sie würde reger besucht“. Nur über Gespräche sind Sorgen und Nöte zu erfahren. „Dann können wir als Seniorenbeirat tätig werden.“ Beispielsweise im Stadtrat für die Rechte der Senioren eintreten. „Angelika und ich haben uns vorgenommen, uns einzumischen.“ Und wer die Magdeburgerin kennt, weiß, dass sie dabei kein Blatt vor den Mund nimmt.
Einen Ruhestand – das zeigt schon dieser „kleine Einblick“ – gibt es für Petra Schubert nicht. Die 72-Jährige ist ständig auf Achse. Sie kann nicht anders. Kunst und Kultur halten jung, sagt sie. Und: „Wer sich damit beschäftigt, behält den Blick auf das Schöne.“ Das erhalte ihren Optimismus und treibe sie immer weiter an, auch anderen Menschen Schönes zu präsentieren. Nicht nur redensartlich ist sie „auf vielen Hochzeiten“, neuerdings sogar im doppelten Sinne: als Hochzeitsrednerin. Umfangreiche Erfahrungen hat sie schließlich. Mit ihrem Mann ist sie seit 31 Jahren verheiratet, die beiden haben vier Kinder, zwei Enkelinnen und eine Urenkelin. Auch für sie ist sie natürlich gern da, ganz die liebe Oma. Das genießt sie. Die „Lese-Oma“ ist sie aber auch für andere – für Kinder wie Erwachsene. Besonders zur Weihnachtszeit schlüpft sie ins Kostüm und geht in Kindergärten, Firmen und Senioreneinrichtungen, liest Märchen vor und freut sich über jedes Lächeln. Birgit Ahlert