Es ist allseits bekannt, dass gutes Essen und Trinken ein absolutes Muss im Hause Martin Luthers war. Der große Reformator war kein Kostverächter, nicht beim Essen und auch nicht beim Trinken. Aber lassen sich diese Gerichte auch heute noch problemlos nachkochen, verträgt sie unser Magen? Fragen, die sich nicht so leicht beantworten lassen. Denn Luthers Haus selbst steht nicht mehr, jedoch führte das Landesamt für Denkmalpflege in der vergangenen Zeit umfangreiche archäologische Grabungen am ehemaligen Standort des Hauses Luther durch. Die Abfallgrube entpuppte sich als wahre Schatzkiste bei der Reise durch die Essgewohnheiten der damaligen Zeit und brachte eine Reihe von Erkenntnissen über Lebensweise und Essensgewohnheiten der Familie Luther hervor.
„Herr Käthe“, so nannte Martin Luther oftmals seine „gestrenge Hausfrau“ Katharina von Bora, managte das Luthersche Haus wie ein gutgehendes mittelständisches Unternehmen und hatte die Hoheit über Herd und Küche. Der Haushalt der Luthers war der größte in Wittenberg – zwischen 35 und 50 Personen wohnten dort. Die „Predigerin, Brauerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann“, wusste über die Gaumenfreuden des Reformators. So liebte Luther nicht nur die freie Rede, sondern hatte viel Freude an Deftigkeiten und allemal an gutem Essen. Das musste Katharina und ihr Küchenteam in Massen auftafeln. Luther brachte beinahe alle Tage Scholaren und Gelehrte, Mitstreiter, aber auch fahrende Gesellen unangemeldet an den Mittagstisch. Schätzungen zufolge speisten an der Luthertafel täglich bis zu 40 Personen, die allerdings einen Obolus zu entrichten hatten. Denn das Geld war immer knapp, „Herr Käthe“ musste zaubern, und sie konnte es: Die Luthertafel war weit über die Stadtgrenzen bekannt, sie war die erste „bürgerliche Küche“ Deutschlands. „Herr Käthe“ sorgte für den Braten und das Bier, für Mehlspeisen, Kräutersuppen, fein abgeschmeckte Soßen, für Kuchen, allerlei Gebäck und Zuckerwerk. Abgeschmeckt wurde alles mit seltenen und erlesenen Zutaten wie Borretsch, Ochsenzunge, Petersilie, Majoran, Kümmel, Senfkörner und Mohn. Der Hausherr würzte alles nochmals mit Humor und Scharfsinn, mit kämpferischen Reden wider alle Laster, den Papst und seinem Klüngel – die Wittenberger Tischreden sind vielfach überliefert. Neben Gans standen im Hause Luthers auch Ente, Huhn, Rebhuhn sowie Wald- und Singvögel auf dem Speiseplan. Bevorzugte Fleischspeisen waren junge Schweine und Wildbret. Und „Herr Käthe“ wusste auch ein gutes Bier zu brauen. Luther liebte sein Bier. Zur damaligen Zeit war das Bier in Wittenberg eine Art Erfrischungsgetränk und Grundnahrungsmittel. Denn im Unterschied zu dem oft schlechten und verseuchten Wasser war das Bier sogar gesund – es war steril. Zwei Liter täglich nahmen die Gäste im Lutherhaus zu sich, auch Kinder bekamen aus gesundheitlichen Gründen verdünntes Bier zu trinken. „Trinken ohne Durst, Studieren ohne Lust, Beten ohne Innigkeit – sind verlorne arebeyt.“ so philosophierte schon Luther. Noch heute kann man sich von der Bier-Qualität überzeugen. In Wittenberg wird in 14. Generation das Leibgetränk des Reformators, das Katharinenbier, noch gebraut.
„Essen wie zu Luthers Zeiten“ – diesen Ausspruch haben sich viele Wittenberger Restaurants zum Motto gemacht. In mehreren Lokalitäten wird die deftige bürgerliche Küche in rustikalen Ambiente diesem Motto voll und ganz gerecht.