Feind der Schmalfilme sind die „Witwen“

unnamedKaum flimmerten die ersten Filme in den Lichtspielhäusern Magdeburgs, da kam auch schon der Wunsch auf, selber Filme zu drehen. Doch dies war in den Anfangsjahren des Kintopps kaum umsetzbar. Die ersten Kameras waren schwer und unhandlich und als Einzelstücke produziert nur für die großen Filmgesellschaften rentabel. Doch mit den Jahren entwickelte sich ein Markt für die Hobbyfilmer. Die meist unhandlichen Holzkästen arbeiteten noch mit einer Handkurbel (die Begriffe Drehen, Dreharbeiten, in der Branche kurz als Dreh bezeichnet, sind aus der Kurbelzeit bis heute erhalten geblieben). Erst später kamen die Ganzmetallgehäuse und Elektro- oder Aufzugsmotoren zum Einsatz. Ab der 1920er Jahre gehörten auch Hobbyfilmer mit ihren Schmalfilmkameras zum Straßenbild Magdeburgs. Aufgenommen wurde noch mit einem 16 Millimeter-Film, erst Anfang der 1930er Jahre setzte sich mehr und mehr die 8 Millimeter-Technik durch. Abgespielt wurden die Aufnahmen auf Heimprojektoren. Ein Kinoabend in der Wohnstube war da schon etwas Besonderes. Dies erkannte auch das Propaganda-Ministerium des Dritten Reiches. Ab 1933 gab es die „Wochenschau“ auf eigens produzierten dünneren Filmmaterial als „Einweg-Filme“ für die Heimkinos. Was die Magdeburger Filmfreunde drehten waren Straßenszenen, Familienfeiern oder Volksfeste. Kleine Schätze aus den Anfangsjahren der Schmalfilmerei bewahrt Lars Eichhorn mit seinem Team der Eulenspiegel-Multimedia in seinen Archiven.unnamed Für das übergreifende Projekt „Magdeburg zur Schmalfilmzeit“ sammelte er mehr als 1.500 Stunden Material von Privatpersonen und Institutionen. Alles wurde gesichtet, katalogisiert, aufgearbeitet und digitalisiert. Denn diese kleinen Filmschätze von 1925 bis 1990 sind vergänglich. Der Zahn der Zeit hat so an mancher Filmspule genagt, erläutert Lars Eichhorn. Die größte Gefahr für die selbstgedrehten Schmalfilme sind allerdings die „Witwen“. Denn kaum sind die Hobby-Regisseure verstorben, entsorgen die Hinterbliebenen die seltenen Aufnahmen in den Müll. Bedauerlich, denn so manche historische Sequenz aus dem Magdeburger Stadtleben ist so für immer vernichtet. 1990 endete mit dem Siegeszug der Videokameras der Hobbyfilm auf Zelluloid.

Die Reihe „Magdeburg zur Schmalfilmzeit“ besteht mittlerweile aus sieben DVDs. Erhältlich sind diese im Fachhandel oder bei Eulenspiegel-Multimedia.