… sie könne nicht verstehen, warum Männer schon am frühen Morgen über schwierige Themen sprechen würden. Ich war neugierig und fragte, worum es gegangen sei. Sie sei kürzlich an einem Sonntag gemeinsam mit ihrem Freund erwacht und hätte einfach nur den Start in einen freien Tag genießen und vielleicht etwas Zärtlichkeit empfangen wollen, aber er hätte sofort über Politik geredet. Ich fragte, ob sie seine Rede unterbrochen hätte. Was ich wohl glaubte, natürlich hätte sie ihm vorgehalten, dass sie in diesem Moment dieses Thema nicht interessieren würde. Na, da war der Morgen sicher im Eimer, bemerkte ich. Klar, versicherte sie. Ein wenig mehr Sensibilität und Einfühlungsvermögen könnte er ruhig mal an den Tag legen. So schwer würde das doch nicht sein. Ist es auch nicht, aber für den misslungen Start in den Sonntag sollte sie ihren Freund nicht allein verantwortlich machen. Wie so das, wollte sie wissen? Er hätte schließlich angefangen. Vielleicht hätte sie ihrem Partner selbst mit etwas mehr Einfühlungsvermögen begegnen können, als ihm einfach das Wort abzuschneiden und ihn zurechtzuweisen. Wahscheinlich hatte er halt seine Gedanken im Kopf und nur versucht, sich mitzuteilen. Sie hatte im selben Moment andere Erwartungen. Wenn sie sich während seiner Rede einfach angekuschelt hätte, wäre er sicherlich ganz schnell mit ihr ins gemeinsame Kuscheln gefallen. Ich solle solche blöden Männer-Marotten bloß nicht wieder in Schutz nehmen und ihr mit meiner Belehrung ein schlechtes Gewissen einreden. Das sei überhaupt nicht mein Anliegen, konterte ich. Was daran so kompliziert sei, ihn ein bisschen reden zu lassen und das eigene Bedürfnis mit zärtlicher Annährung zu erkennen zu geben. So ein Quatsch, schmettere sie meinen Einwand nieder. Das würde alles nichts nutzen. Männer redeten sowieso immer zum falschen Zeitpunkt über unpassende Themen. Aha, sagte ich, dann brauche sie eigentlich kein Gespräch mehr mit einem Mann führen. Ich könne mir aber gut vorstellen, das Kommunikation ein Prozess zwischen beiden Partnern sei und keine einseitige Angelegenheit. Ich solle mir meine einseitige Verteidigung sparen, sprach sie noch und verließ entrüstet meine Wohnung. Thomas Wischnewski