„Das letzte Lied ist hier noch lange nicht gesungen“

jan_kubonDie Magdeburger Songtage bringen seit zehn Jahren Musikerinnen und Musiker auf zahlreiche Kleinkunstbühnen der Stadt und sind damit zu einer Instanz gewachsen, die ein wachsendes Publikum anlocken und das künstlerische Leben in der Landeshauptstadt bereichern. MAGDEBURG KOMPAKT sprach mit Mitinitiator Jan Kubon über Ansprüche und Möglichkeiten eines musikalischen Magdeburgs.

MAGDEBURG KOMPAKT: Herr Kubon, welchen Stellenwert geben Sie den Songtagen in Magdeburg?
Jan Kubon: Wir haben nicht den Anspruch, dass wir die Kleinkunst dieser Stadt widerspiegeln könnten, aber wir zeigen einen bunten Blumenstrauß. Und das Wichtigste ist, dass wir die Reihe gemeinsam mit vielen Akteuren leben. Veranstalter, Musiker und Sponsoren ziehen an einem Strang.

Wie drückt sich der Anklang in Besucherzahlen aus?
Über die sechs Wochen kommen insgesamt zwischen 3.000 bis 4.000 Leute zu diesem Festival. Das zeigt doch, dass wir auf eine intelligente Weise Spaß und Freude erzeugen können – und zwar für die Menschen vor und auf der Bühne. Meine Erfahrung ist es, dass mehr kulturelle Angebote in der Stadt umso mehr Leute anlocken. Wir können heute sogar Parallelveranstaltungen anbieten, ohne Angst haben zu müssen, dass man sich dabei gegenseitig das Publikum abgräbt.
Die komplette Organisation leistet der Verein Songtage e.V. Wer steckt dahinter und wie funktioniert die Arbeit?
Ohne den Enthusiasmus aller Beteiligten würde es nicht gehen. Wir sind 14 Leute im Verein, die eine gute Schnittmenge kulturinteressierter Magdeburger repräsentieren, die vielleicht nie auf die Idee gekommen wären, mal für ein Kulturevent zu arbeiten. Da ist vom Musiker, über Banker, Angestellte und Selbstständige alles vertreten. Für jeden, dem wir bei den Songtagen Auftrittsmöglichkeiten bieten, legen wir harte Auswahlkriterien an. Es geht uns um einen qualitativ hohen  Anspruch. Das sind wir dem Veranstaltungskonzept und dem Publikum schuldig.

Sind die Songtage auch für Magdeburger Künstler eine Bühne?
Wir haben da keine Dogmen. Vor drei Jahren waren fast die Hälfte aller Teilnehmer Magdeburger, aber es gab auch schon mal ein Jahr ohne hiesige Künstlerbeteiligung. Wir wollen jedes Mal neue Musikerlebnisse schaffen – das ist eines unser Grundprinzipien. Das soll ja auch hier für Anreize sorgen, kreativ zu sein und neue Songs bzw. Programme zu entwickeln.

Ist Magdeburg eine Stadt mit einem aktuell reichen musikalischen Leben?
Grundsätzlich hat sich hier viel entwickelt. Ich habe nur gerade den Eindruck, dass wir dabei sind, uns von Einzelnen die Kultur wegklagen zu lassen. Stichwort: Festung Mark, Oli Lichtspiele oder die Kunstkneipe NachDenker – überall gibt es jemanden, der sich beinträchtigt fühlt. Ansonsten sind wirklich spannende Orte und Festivals entstanden, an denen bzw. durch die Musik mitten ins Leben der Stadt rückt. Die Festung muss da genannt werden, der Wasserturm in Salbke, Impro-Revival, Irish-Folk-Festival, Songtage und so weiter… Das letzte Lied ist hier noch lange nicht gesungen.

Musikalisch ist Magdeburg also auf einem guten Weg?
Die Menschen, die sich musikalisch engagieren, sind unterwegs. Ich merke das auch in meiner Tätigkeit als Redakteur beim MDR-Kulturradio „Figaro“. Allein bei den Veranstaltungsankündigungen haben wir mächtig aufgeholt und Halle gezeigt, dass in Magdeburg Kultur genauso gut funktioniert. Die Stadt macht auf solchen Kanälen von sich Reden. Nach außen hin könnten wir sicher noch etwas mehr Musikfreude ausstrahlen. Da setzt leider das Land derzeit allerdings noch schlechtere Zeichen. Da an der Martin-Luther-Universität die musikalische Hochschulausbildung eingestellt werden soll, gibt es in ganz Sachsen-Anhalt keinen akademischen Zugang zur Musik mehr. Das kostet langfristig Spitzenleistungen in Kunst und Kultur, gute Musiker werden einen großen Bogen um das Land machen und es gibt keinen Grund für solche Leute, sich hier niederzulassen. Solche Entwicklungen machen mich wütend. Fragen: Thomas Wischnewski