Wert auf Vorsorge legen

Darmmodell_1Frühes Entdecken von Darmkrebs erhöht die Chancen auf Heilung

von Jacqueline Heß

Wenn von Darmkrebs die Rede ist, sind damit in der Regel Krebserkrankungen des Dickdarms gemeint – sogenannte kolorektale Karzinome.

Diese Krebsart entwickelt sich meist schleichend über mehrere Jahre hinweg und wird daher oft erst spät erkannt. Daher ist es besonders wichtig, mögliche Warnzeichen ernst zu nehmen. Je früher Darmkrebs erkannt wird, desto besser kann man den Verlauf beeinflussen und desto besser ist auch die Prognose.
Darmkrebs ist bei beiden Geschlechtern die zweithäufigste Krebserkrankung und kann in jedem Darmabschnitt entstehen. Ein kolorektales Karzinom entwickelt sich in vielen Fällen aus Darmpolypen; dies sind zunächst gutartige Vorwölbungen in der Darmschleimhaut. Wenn die Polypen entarten und Krebszellen bilden, entsteht Darmkrebs. Wer Polypen hat oder auch nahe Verwandte, die Polypen hatten oder haben, hat ein erhöhtes Risiko.
„Symptome wie Blut im Stuhl, Bauchkrämpfe oder Stuhlunregelmäßigkeiten können viele Ursachen haben. Unbedingt sollten Sie bei solchen Beschwerden jedoch zum Arzt gehen – denn auch Darmkrebs kann mit solchen Beschwerden verbunden sein“, so PD Dr. Pawel Mroczkowski, Oberarzt der Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral-  und Gefäßchirurgie. Tückisch: Darmkrebs bleibt oft jahrelang unentdeckt, weil erste Anzeichen fehlen oder nicht wahrgenommen werden. Auch bei lang anhaltender Müdigkeit, unerklärlichem Gewichtsverlust und dauerhafter Appetitlosigkeit ist der Arztbesuch zu empfehlen – ebenso wie bei vergrößerten Lymphknoten oder Verhärtungen im Bauchraum. Vererbung spielt ebenfalls eine Rolle: In manchen Familien tritt Darmkrebs gehäuft auf.
Früherkennung ist beim Darmkrebs besonders wichtig, denn Beschwerden treten oft erst in einem späten Stadium auf. Dr. Mroczkowski: „Nutzen Sie das Angebot der Krebsvorsorge. Frühzeitig entdeckt ist die Erkrankung heilbar. Sind Sie über 55 Jahre alt, bieten die gesetzlichen Krankenkassen eine Darmspiegelung an. Ist der Befund unauffällig, können Sie die Spiegelung nach zehn Jahren erneut durchführen lassen. Der Grund: Darmpolypen benötigen in der Regel viel Zeit, bevor aus ihnen ein Tumor entsteht. In der Regel verursacht die Untersuchung keine Schmerzen und ist für den Körper nicht belastend. Auf Wunsch können Sie sich ein Beruhigungsmittel oder eine Kurznarkose verabreichen lassen. Im Rahmen der Darmspiegelung können wir Polypen direkt entfernen und Gewebeproben im Labor untersuchen lassen. Leider nutzen hierzulande nur wenige der über 55-Jährigen das Angebot der kostenlosen Früherkennungsuntersuchung und lassen diese wichtige Krebsvorsorge außer Acht“.
Bei der Diagnose Darmkrebs werden zunächst Untersuchungen zur Beurteilung der Tumorausdehnung durchgeführt, um zu sehen, ob sich möglicherweise Tochtergeschwülste in anderen Organen gebildet haben, etwa in der Leber. Dazu gehören beispielweise eine Magnetresonanztomographie des Beckens sowie eine Computertomographie des Bauchs. „Bei einer in der Regel erforderlichen Operation versuchen die Chirurgen so zu operieren, dass der Tumor mit möglichst geringen Nebenwirkungen entfernt wird. Das betroffene Darmstück mit dazugehörigem Lymphabfluss wird herausoperiert und die beiden gesunden Darmenden verbunden. Auch wenn der Tumor im Bereich des Enddarms liegt, kann oft den Patienten ein dauerhafter künstlicher Darmausgang erspart werden. In etwa 80 Prozent der Fälle kann der vorrübergehende künstliche Darmausgang nach etwa drei Monaten zurückverlegt werden. Weitere gängige Therapieverfahren bei Darmkrebs sind Chemo- und/oder Strahlentherapie, die beim Bedarf vor und/oder nach der Operation durchgeführt werden. Nach neusten Berichten kann in ausgewählten Fällen auf eine Operation ganz verzichtet werden. Es handelt sich um einen experimentellen Einsatz, der jedoch auch bereits jetzt im therapeutischen Spektrum der Uniklinik bei speziellen Konstellationen angewandt werden kann. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sollte die Patienten regelmäßige Kontrolluntersuchungen zur Darmkrebs-Nachsorge wahrnehmen, damit man ein Wiederauftreten des Tumors (Rezidiv) möglichst frühzeitig erkennen kann“, so der Chirurg. Heutzutage bedeutet auch eine bereits metastasierte Erkrankung kein Todesurteil, da manchmal durch eine Kombination der lokalen und systemischen Therapien in spezialisierten Einrichtungen sowohl der Primärtumor, wie auch die Metastasen entfernt werden können und der Patient wird tumorfrei.
„Sie selbst können aber auch eine Menge tun, um Ihr Darmkrebs-Risiko zu senken – beispielsweise mit einer ausgewogenen, aktiven Lebensweise mit reichlich Bewegung, einer ballaststoffreichen Ernährung, wenig fett- und fleischreichen Lebensmitteln, mit viel Obst und Gemüse und dem Verzicht auf Rauchen. Weiterhin sollten Sie großen Wert auf die Früherkennung legen“, empfiehlt PD Dr. Mroczkowski.
Am Mittwoch, 17. Juni 2015, lädt die Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie die Öffentlichkeit  zum „Darmtag“ ein. Beginn ist um 16.00 Uhr im Klinikgebäude, Haus 60a, Ebene 1, Raum 1126 auf dem Gelände in der Leipziger Straße 44. Ärzte der Klinik möchten den Besuchern das Darmzentrum und das Pankreaszentrum vorstellen und werden über Erkrankungen des Darmes und der Bauchspeicheldrüse informieren. Bereits ab 12 Uhr gibt es aber die Gelegenheit, vor dem Klinikgebäude im Haus 60a  in einem  20 Meter langen begehbaren Organmodell eine Reise  durch den Darm anzutreten. Auch außerhalb des Darmtages können sich betroffene Patienten in der kolorektalen Sprechstunde beim PD Dr. Mroczkowski Mittwochvormittag vorstellen (Terminvergabe über 0391/6715667).