Salongeflüster: Feierabend

johansen-freiVon Wort-Coiffeur Lars Johansen

Wenn ich in meinem Salon abschließe, dann habe ich Feierabend. Das bedeutet jetzt nicht, dass jetzt die Party startet, dazu bin ich viel zu müde. Nein, ich habe die Kunden partyfertig frisiert und kann nun endlich zuhause entspannen. Da ist es mir auch egal, ob andere an diesem Abend feiern. So lange ich nicht mittun muss, bin ich mit allem einverstanden.

Aber da gibt es ja noch das Ordnungsamt, dass schnell und gründlich reagiert, wenn einer feiert. Nicht bei meinen doofen Nachbarn, die beinahe täglich lautstark im Innenhof grillen müssen, und dabei ihre eigentlich leisen Kinder so lange anschreien, bis diese endlich zurückquäken und die Situation in den wabernden Dünsten von preiswertem Grillgut eskaliert. Auch nicht bei den montäglich grollenden MAGIDA-Anhängern, die meine grillenden Nachbarn intellektuell problemlos unterbieten, indem sie auf Ausländer schimpfen, von denen es hier kaum welche gibt. Nein, die dürfen alle lärmen bis zum Anschlag. Aber wehe, es gibt Kultureinrichtungen, die Konzerte veranstalten, schon tauchen sie auf, die kulturfernen Schergen und drehen den Ton ab. Sei es in der Festung Mark oder auch in der ehemaligen JVA, wo jetzt „Sinnlichkeit“ gefeiert wird. Da trifft unsinnig auf sinnlich und schon herrscht Grabesstille. Auf dem Kulturfriedhof Magdeburg ist ja alles möglich, so lange es nur leise und selten stattfindet. Selten leise geht keinesfalls. Kein Problem ist dagegen der Dumpfkrach eines mittelmäßigen Musicals auf dem Domplatz. Denn da steckt ganz viel Geld drin und wer will sich da schon beschweren. Kultur ist eben Magdeburger Recht. Und das unterscheidet gerne zwischen gewollt und gekonnt. Und nur von oben Gewolltes darf auch lärmen. Wahre Kunst hat still zu schweigen. Aber vielleicht haben sie ja wirklich Recht, diese Rechtsverdreher, denn ich benutze schließlich auch nicht die Kettensäge für den Rundhaarschnitt. Es geht eben auch leise. Also: Psssst, Kultur! Aus! In diesem Sinne: Der Nächste bitte.