Magdeburg hat ein Problem. Ständig kommen in dieser Stadt Fahrräder abhanden. Es vergeht kein Tag, an dem ein Nachbar, eine Freundin, ein Arbeitskollege, die Bekannte eines Bekannten sich darüber empört, dass der Drahtesel geklaut wurde. Vermehrt werden soziale Netzwerke genutzt, um dem Ärger Luft zu machen. Aus dem Hausflur in der So-und-so-Straße in Buckau wurde heute Nacht ein Fahrrad samt Anhänger geklaut, schrieb vor wenigen Tagen ein Facebook-Nutzer und bat auf diesem Weg auch gleich um Hilfe … falls irgendwer irgendetwas irgendwo gesehen hat.
Im Fahrradkeller, auf dem Hinterhof, angekettet vor dem Allee Center, am Bahnhof oder auf dem Campus – nirgends sind die Zweiräder sicher. Seit Jahren rangiert die Landeshauptstadt auf den vorderen Plätzen der Fahrraddiebstahl-Statistik. Wirklich kein Grund zur Freude. Nach Angaben der polizeilichen Kriminalitätsstatistik wurden in Magdeburg im vergangenen Jahr 3.783 Fahrräder gestohlen. Das heißt, pro Tag kamen zehn Räder abhanden. Die Aufklärungsquote der Polizei lag dabei bei 20 Prozent. Vor zehn Jahren wurden 2.646 Fahrräder als gestohlen gemeldet (Aufklärungsquote 22 Prozent), vor fünf Jahren 2.865 (Aufklärungsquote 36 Prozent). Die meisten Fahrraddiebstähle konnte die Polizei 2008 aufklären – damals verschwanden 2.486 Zweiräder, bei 42 Prozent der Fälle wurde der Dieb ermittelt.
Woran liegt es, dass Magdeburg in dieser Negativ-Statistik einen Spitzenplatz belegt. Werden die Diebe immer dreister? Oder gibt es immer mehr Drahtesel die geklaut werden können? Schließlich eignet sich das Vehikel sehr gut, um von A nach B zu kommen, ohne an einer der zahlreichen Baustellen Zeit zu verlieren, zudem ist es umweltschonend und ein bisschen Bewegung schadet doch auch nicht … Oder liegt es daran, dass die Menschen ihre Fahrräder nicht ausreichend sichern? Zwei unterschiedliche Fahrradschlösser seien eine Möglichkeit, den Diebstahl zu erschweren, rät die Polizei. Dann könne man Vorder- und Hinterrad anschließen sowie den Rahmen.
Es hilft natürlich auch, das Schloss nicht nur als Wegfahrsperre zu nutzen, sondern das Fahrrad an einen fest verankerten Gegenstand zu ketten. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) verweist darauf, dass die Stadt in der Pflicht ist, mit einer ausreichenden Zahl an Fahrradbügeln das Anschließen auch zu ermöglichen. Hilfreich wäre dabei, reichlich Abstand zwischen den Abstellmöglichkeiten zu gewähren – 70 Zentimeter bei tiefer Radeinstellung, 50 Zentimeter bei abwechselnd hoch/tiefer Radeinstellung, empfiehlt der ADFC. Leider ist das nicht überall gegeben. Auch ist es an einigen Fahrradbügeln nicht möglich, den Rahmen anzuschließen, sondern nur Vorder- oder Hinterrad. Aber egal, mit welchen Mitteln man versucht, sein Fahrrad gegen Diebstahl zu immunisieren. Wirklich sicher ist es vermutlich nur, wenn man es ständig im Auge hat … oder wenn man darauf sitzt.
Beruhigend? Nicht wirklich. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Magdeburg seine Spitzenposition als Schwarzes Loch für Fahrräder an Cottbus abgegeben hat – zumindest was das Verhältnis zwischen Einwohnerzahl und Raddiebstählen betrifft. Das hat das Verbraucherportal billiger.de ermittelt. Demnach wurden im vergangenen Jahr in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs 2.030 Fahrräder je 100.000 Einwohner gestohlen. In Magdeburg waren es 1638. Und an dritter Stelle befindet sich Münster in Nordrhein-Westfalen. Dort kamen 1509 Fahrräder pro 100.000 Bewohner abhanden. Auch ok, es muss ja nicht immer der erste Platz sein …
Tina Heinz