Regelmäßiges Waschen mit Wasser ist heute ein Muss. Früher war es jedoch verpönt …
Von Tina Heinz
Wer sich heutzutage waschen, wer baden oder duschen möchte, dreht – zumindest in unseren Breiten – den Wasserhahn auf. Heraus kommt meist sauberes, klares und kaltes oder warmes Wasser. Ganz einfach. Ganz bequem. Früher – vor 100 oder 200 Jahren – sah das ganz anders aus. Es musste großer Aufwand betrieben werden, um die Körperhygiene nicht zu vernachlässigen. Das Wasser musste erst herangeschafft und gegebenenfalls auf umständliche Weise erhitzt werden. Oder man nahm einen längeren Weg zum nächsten öffentlichen Badehaus in Kauf. Und überhaupt hatte Wasser als Mittel zur Reinigung und Pflege nicht immer einen guten Ruf.
Führt man sich historische Quellen zu Gemüte, lässt sich feststellen, dass Körperhygiene im Wandel der Zeit auf unterschiedliche Weise ausgelegt wurde. Während das Waschen mit Wasser – das damals noch aus Brunnen, Flüssen und Seen herangeholt werden musste – und das Bad im Zuber im Mittelalter eine übliche Praxis war, keimte im 16. und 17. Jahrhundert die Meinung auf, dass Wasser schädlich sei. Schuld daran waren vermutlich diverse Krankheiten, deren Ursachen man sich damals nicht auf andere Weise erklären konnte. Denn die vorherrschende Ansicht, die der Historiker Georges Vigarello in seinem Buch „Wasser und Seife, Puder und Parfüm. Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter“ beschreibt, lautete: Wasser könne durch die Poren in den Körper eindringen, ihn aufweichen und ihn dadurch Gefahren aussetzen, die in der Luft und im Wasser selbst lauern.
Was also konnte getan werden, wollte man die Sauberkeit nicht vernachlässigen? Vor allem Adlige und das wohlhabende Bürgertum griffen zu Pudern und Parfüm. Zudem versuchte man durch das häufigere Wechseln der Kleidung zu verhindern, dass unschöne Gerüche entstanden. Dank neuer Erkenntnisse von Gelehrten, währte die Periode des Wasserverschmähens nicht all zu lang. Bereits im 18. Jahrhundert bescheinigte man Wasser wieder positive Eigenschaften. Und außerdem war es damals schon üblich, Wasser mit Chlor zu versehen, um es zu desinfizieren.
Auch die ersten „privaten“ Wasserleitungen stammen aus dieser Zeit. Wer es sich leisten konnte, erhielt einen direkten Wasseranschluss, um in den eigenen vier Wänden zu baden. Für das gemeine Volk gab es öffentliche Badehäuser – nach Geschlechtern getrennt. Vor allem in Großstädten erfreuten sich die Volksbäder im 19. und auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Arbeiterfamilien, deren Wohnungen zu klein für ein Badezimmer waren und die sich auch keinen eigenen Wasseranschluss leisten konnten, nutzten diese Möglichkeit zur regelmäßigen Körperpflege. Die öffentlichen Badeanstalten waren häufig mit Wannen- und Brausebädern (heute nennt man das Dusche) ausgestattet.
Heutzutage sind die meisten dieser Einrichtungen in Vergessenheit geraten. Die Volksbäder verloren ihre Funktion, als sich die meisten Menschen im privaten Haushalt Badezimmer und Wasserversorgung leisten konnten. Bereits Mitte der 1950er Jahre gingen die Besucherzahlen in den öffentlichen Badeanstalten stark zurück. Später wuchs zudem der Bedarf an Erlebnis- und Spaßbädern. Einige Einrichtungen wurden daher aufwendig restauriert und umgebaut, um ein vielfältigeres Angebot beim Baden zu schaffen. Die meisten fanden jedoch eine andere Bestimmung. Auch in Magdeburg erinnert nur noch wenig an die einstige Hochzeit der Volks- und Stadtbäder. Einige der Gebäude sind zwar noch erhalten, aber lediglich das Volksbad Buckau und das Gröninger Bad lassen dem Namen nach Rückschlüsse auf die Vergangenheit der Einrichtungen zu.