Als Autor auf den Spuren historischer Kriminalfälle war Bernd Kaufholz über Jahre und veröffentlichte mehrere Bücher. Birgit Ahlert unterhielt sich mit ihm darüber.
Herr Kaufholz, Sie haben Erfahrungen mit Kriminalfällen in Magdeburg. Wie ergiebig ist die Stadt für einen Kriminalautoren?
Die Landeshauptstadt ist zwar nicht riesengroß, aber es gab einige spektakuläre Fälle. Durch langjährige Recherche, angefangen durch Gerichtsberichterstattung, habe ich einiges entdeckt.
Vor allem die früheren Fälle sind sehr interessant gewesen, spätere nicht mehr so spektakulär – Kriminalisten mögen da eine andere Auffassung haben.
An welche spektakulären Fälle denken Sie?
An den großen Brand im Großen Haus, dem jetzigen Opernhaus, beispielsweise. Der Täter wurde bis heute nicht gefunden. Und natürlich an das ehemalige „Haxenhaus“ (zur Tatzeit Wohnhaus), dem wohl größten Fall, den es je gab. Drei Tote 1973 und der Täter mordete 1995 noch einmal, eine 17-jährige Gymasiastin in Brandenburg. Damals wurde er für Totschlag verurteilt, 1995, darüber haben alle den Kopf geschüttelt. Er erhielt sozusagen zwei Jahre „Rabatt“, weil er zu DDR-Zeiten nach neuerer Rechtssprechung schon „zu lange“ im Gefängnis saß. Inzwischen ist er wieder frei, wurde 2012 aus der Haft entlassen. Er bekam keine Sicherheitsverwahrung. Unglaublich. Und dann war da der Mörder vom Rotehornpark in den 1970er Jahren. Es hat 10 Jahre gedauert, bis der ergriffen wurde – und das passierte nur aus Zufall. Abends waren Frauen der Bonbonfabrik in Rothensee nach der Spätschicht überfallen worden. Eines der Opfer beschrieb den Täter recht gut und so fasste die Polizei den Mann aus Wolmirstedt. Der gestand dann völlig unerwartet zwei Morde und einen Mordversuch im Rotehornpark und im Herrenkrug.
Der Tod das Managers der Kastelruther Spatzen in Magdeburg schaffte es sogar ins Fernsehen, in die Liste der spektakulärsten Fälle Deutschlands. Er ist noch immer ungeklärt.
Warten Sie auf mein neues Buch, da wird der Fall „nebenbei“ aufgeklärt. Nach jetzigem Stand wird es „Das Vermächtnis des Kommissars“ heißen und 2016 erscheinen. Der Fall bietet den Hintergrund.
Auch in Ihrem vorigen Buch, im Kriminalroman „Tödlicher Skorpion“, gab es eine wahre Geschichte – den Fall des Unternehmers Paul Saib, der 2001 in seinem Haus erschossen aufgefunden wurde. Sie schreiben über Verwicklungen von Politik, Wirtschaft, Sport und Justiz…
Es mag Ähnlichkeiten im Buch geben, aber ich verweise auf Seite vier des Buches: „Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.“. Natürlich schreibt ein Autor auch immer aus Sicht seiner eigenen Erfahrungen und erfindet daraus neue Geschichten. Doch in diesem Buch haben sich Leute erkannt, an die ich gar nicht gedacht hatte …
Warum haben Sie nach Ihren neun Büchern über authentischer Fälle zum fiktiven Schreiben eines Kriminalromans gewechselt?
Weil die interessanten historischen Fälle des Bezirkes Magdeburg abgehandelt waren. Sie reichen bis in die 80er Jahre. Was danach kam, war entweder mehr Kleinkriminalität oder überschnitt sich mit Persönlichkeitsrechten.
Was war für Sie leichter: authentisch oder fiktiv zu schreiben?
Bei den authentischen Fällen gibt es Tatsachen und die Grundinformationen werden in literarische Form gebracht. Dabei ist es interessant zu schauen, wie so ein Täter tickt. Fiktives Schreiben ist eigentlich das Schlimmste, was es für einen Journalisten gibt, der sonst über Tatsachen berichtet. Weil man sich alles selbst ausdenken muss. Ich hatte die Grundidee; alles andere zu erfinden, war eine Herausforderung. Mir war es wichtig, einen besonderen Typ Ermittler zu kreiieren. Als Krimifan weiß ich: Über diese Person finden die Leser zur Geschichte. Mit Tanja Papenburg ist mir das wohl ganz gut gelungen.
Sie waren mit Ihren Fällen dreimal beim „Tatort Magdeburg“ im Schauspielhaus auf der Theaterbühne. Wird es eine Fortsetzung geben?
Das ist für die nächste Spielzeit angedacht, ja. Dann kommen die Fälle jeweils mit einem gewissen Augenzwinkern auf die Bühne.