Für einen Moment verschwindet Magdalena Ochmann im Nebenzimmer… als sie zurückkommt, hält sie ein Tablet in den Händen, so einen modernen flachen, tragbaren Computer. Mit einer schnellen Bewegung wischt sie über den Bildschirm, um das Gerät zu entsperren. Dann öffnet sie den Ordner, der die Fotos enthält. Ein paar Aufnahmen von ihr am Adolf-Mittag-See im Stadtpark Rotehorn. „Das war vor einer Weile… an dem Tag, als ich 80 geworden bin… ein schöner Tag“, fügt Magdalena Ochmann erklärend hinzu.
Achzig? Sie lacht und nickt langsam. „So wirklich ist das in meinem Kopf auch noch nicht angekommen.“ Das muss es auch nicht. Schließlich heißt es nicht umsonst: Man ist so alt, wie man sich fühlt. Und Magdalena Ochmann muss sich noch recht jung fühlen. Denn sie fährt mit dem Fahrrad auf dem Elberadweg bis nach Hohenwarthe. Oder, wenn nötig, mit dem Auto zum Einkaufen oder zu ihrer Schwester in die Altmark. „Aber von der Autobahn halte ich mich fern“, sagt sie. Das habe ihre Tochter empfohlen. Sie verreist auch mit den Enkelinnen, die in München und in Hildesheim wohnen. „Einen Urlaub in Österreich habe ich mir für das nächste Jahr gewünscht. Dorthin möchte ich unbedingt noch einmal reisen.“
Mit 80 Jahren noch geistig und körperlich so fit und außerdem mobil zu sein, ist sicher keine Selbstverständlichkeit. Dass Magdalena Ochmann dies als Selbstverständlichkeit hinnehmen kann, liegt wohl nicht nur an den Genen, sondern auch daran, wie sie ihren Alltag gestaltet. Ihr Ehemann, der zu DDR-Zeiten beim Schwermaschinenbau-Kombinat „Karl Liebknecht“ gearbeitet hatte, war 1993 verstorben. Sie war damals 58 und ging wenige Jahre später in den Ruhestand. „Da merkte ich, dass ich allein bin und – wenn ich nichts dagegen unternehme – mich einkapsle.“ Auch ihre Tochter war dieser Meinung und gab ihr die Empfehlung, einen Sportverein zu suchen.
Also erkundigte sich Magdalena Ochmann beim Verein für Sporttherapie und Behindertensport 1980 Magdeburg e.V. nach Angeboten und nimmt seitdem regelmäßig an den Gesundheitssport-Kursen teil. „Wenn ich in den Urlaub fahre, muss das leider ausfallen. Aber sonst bin ich immer dabei“, erzählt die 80-Jährige. Um sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit zu halten, übernahm sie 1999 zudem eine ehrenamtliche Stelle beim VSB 1980. „Da ich ein Studium zur Ingenieurökonomin abgeschlossen hatte und mich mit Buchführung auskannte, fragten mich die Verantwortlichen des Vereins, ob ich mir nicht vorstellen könnte, die Position des Schatzmeisters zu übernehmen“, erinnert sich Magdalena Ochmann an ihre ersten Jahre beim VSB.
Über diese Aufgabe habe sie sich sehr gefreut. „Es hat mir immer viel Spaß gemacht und ich habe stets von allen Seiten Unterstützung erfahren“, schildert die 80-Jährige das angenehme Miteinander im Verein. Besonders sei ihr dabei der Umzug vom Seiler Weg in die Große Diesdorfer Straße in Erinnerung geblieben. „Das war ein großes Projekt, bei dem natürlich viel Geld im Spiel war. Nicht nur der Eigenanteil musste umsichtig verwaltet werden, sondern auch die Fördermittel, die wir vom Land, von der Stadt und von zahlreichen anderen Unterstützern erhalten hatten.“ Heute blickt sie mit viel Stolz auf diese Zeit zurück. „Es ist wundervoll, was die Mitglieder des Vereins, die vielen Helfer und Förderer geleistet haben. Ohne den Umzug und den Aufbau dieser modernen Sportstätte hätte der VSB nicht solch eine positive und rasante Entwicklung erfahren“, ist sich Magdalena Ochmann sicher.
Und sie ist sich auch sicher, dass sie ohne ihre Familie – wobei die 80-Jährige damit nicht nur Tochter, Enkelinnen und Urenkel, sondern auch den Verein meint – nicht so gut in Schwung wäre. „Die Position als Schatzmeister und der Sport sorgen für die nötige Fitness. Und mit dem Sport anzufangen, dafür ist es nie zu spät.“ Früher, vor der Wende, habe die gebürtige Altmärkerin keine Zeit gefunden, um sich körperlich zu ertüchtigen. Neben ihrer Familie war sie durch den Beruf vollständig ausgelastet. Zunächst hatte sie eine Anstellung im Rat des Kreises, die sie jedoch aufgrund der fehlenden Parteimitgliedschaft aufgeben musste. Anschließend war sie als Absatzleiterin des VEB Vereinigte Möbelwerke Magdeburg tätig.
„Ich bin froh, dass ich als Rentnerin den Sport für mich entdeckt habe. Es ist wichtig, die eigenen vier Wände zu verlassen und unter Menschen zu sein“, sagt sie heute. Einmal pro Woche Gesundheitssport beim VSB – vorher Neuigkeiten austauschen mit den anderen Kursteilnehmern. „Wir treffen uns meist schon eine halbe Stunde vor Kursbeginn. Und auch sonst unternimmt der harte Kern gemeinsam etwas. Das ist eine fantastische Truppe“, erzählt die 80-Jährige und lacht.
Sportlich betätigen möchte sich Magdalena Ochmann noch so lange wie möglich. Die Position als Schatzmeister wird sie jedoch im März des nächsten Jahres aufgeben. „Es ist an der Zeit, dass die Jüngeren nachrücken. Sie kennen sich besser mit der modernen Technik aus. Ich muss da in meinem Alter nicht mehr Schritt halten“, meint die 80-Jährige und weiß, dass es nicht immer leicht ist, heutzutage junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern. Dem VSB 1980 wird sie jedoch erhalten bleiben, nicht nur beim Gesundheitssport, sondern auch in beratender Funktion. „Unser Geschäftsführer, Jörg Möbius, hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, nach März 2016 weiterhin als Ehrenrat beim VSB involviert zu sein“, erzählt Magdalena Ochmann mit einem Lächeln. „Wie könnte ich da ‚Nein‘ sagen?“
Tina Heinz