Die Theaterserie des Kammerspiel-Ensembles „Olvenstedt probiert’s“ überrascht stets mit neuen Inszenierungen und Bühnenbildern wie bei Faust – Der Tragödie erster Teil. In der diesjährigen Aufführung tritt Felix-Fabian Hallmann in mehreren Nebenrollen ins Rampenlicht. Im Gespräch mit ihm werden faustsche Alltagskonflikte auf dem Weg zur und in der Schauspielkunst sichtbar.
Ist für Sie mit der Schauspielerei bei den Kammerspielen Magdeburg ein Traum in Erfüllung gegangen? Genießen Sie es, auf der Bühne zu stehen? Felix-Fabian Hallmann: Ja, ich genieße es definitiv, auf der Bühne zu stehen. Es war schon immer ein Wunsch von mir, eben das zu tun. Es ist zwar manchmal ein Knochenjob, harte Arbeit und man ist genervt, wenn man schlecht inszenierte Stücke spielen muss, aber wenn man dann das Scheinwerferlicht hat, die Verwandlung – den Mut zur Hässlichkeit – und dann auch noch der Moment, wenn der Vorhang fällt und man es bis zum Ende durchgezogen hat… Das ist berauschend. Dafür lohnt sich auch die harte Arbeit.
Auch in Faust – Der Tragödie erster Teil ist wieder Ihr schauspielerisches Talent gefragt. Welche Rollen verkörpern Sie? Ich übernehme einmal die Rolle eines Bürgers, kurz vor dem Osterspaziergang, die eines Studenten, der in Auerbachs Keller ordentlich feiert und in der Hexentanzszene bin ich Satan. Die Inszenierung des Stücks finde ich klasse, insbesondere, weil wir mit Gehörlosen zusammenarbeiten. Die Umsetzung ist unglaublich, weil es durch die Gebärdensprache eine völlig neue Art der Kommunikation und Sprachverwirklichung wird. Außerdem ist das Stück faszinierend, da sich nicht das Bühnenbild ändert, sondern das Publikum immer wieder den Ort wechseln muss, da das Stück in mehreren Räumen des Forums Gestaltung stattfindet. Dadurch ist es viel besser erlebbar, weil es immer eine andere Bühne ist. Hier in Magdeburg habe ich auch eher das Gefühl, als Laie ernst genommen zu werden. Leider habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass man im Laientheater weniger ernst genommen wird – das ist kein schönes Gefühl. Insbesondere da ich Dinge jetzt anders sehe und Rollen jetzt noch besser darstellen kann, weil ich mich Dank des Zusammenspiels zwischen Laien und Profis weiter entwickeln konnte und an den Erfahrungen wachsen konnte. Die Kammerspiele Magdeburg sind dafür sehr gut geeignet, da sie es immer wieder schaffen, namenhafte Schauspieler einzuladen, von denen man auch noch in meinem Alter etwas lernen kann. So habe ich auch das Glück, bei dem Stück „Grand mit Diva“ eine Rolle, wenn auch eine kleinere, zu spielen. Es lohnt sich auf jeden Fall, Faust zu sehen und diese wirklich sehr gute Inszenierung zu genießen. Neben den Aufführungen gibt es auch eine wunderschöne Ausstellung „Große Pläne“ im Forum Gestaltung, die sich mit dem Bauhaus auseinandersetzt und ebenso sehenswert ist wie die anderen Projekte, die damit in Zusammenhang stehen.
Wie lange schauspielern Sie schon? Eigentlich schon seit 30 Jahren. Es gibt bestimmte Handwerke, die man erlernt und sein Leben lang weiter trägt und auch in verschiedenen Bereichen anwenden kann. Und außerdem sehe ich mich eher als Sänger statt als Schauspieler. Eines bleibt jedoch bei beidem gleich: die Neugier um einen Charakter und am Menschen sowie der unbedingte Wille lernen zu können. Es ist mir auch sehr wichtig, dass ich deutlich spreche und die Menschen zum Zuhören bewegen kann, so dass sie auch etwas mitnehmen, statt es einfach zu vergessen.
Wie sind Sie zur Schauspielerei gelangt? Das war reiner Zufall. Durch die Maßnahme der Agentur bin ich „1-Euro-Jobber“ im Forum Gestaltung in Magdeburg geworden. Irgendwann wurde ich einfach von der Leitung der Kammerspiele angesprochen, ob ich nicht aushelfen kann, da ich ja schon etwas Erfahrung und Wissen mitbringe. Also habe ich „Ja“ gesagt. Und das ganz ohne Aufregung.
Wenn Sie sagen, Sie waren nicht aufgeregt, wie war es dann bei Ihrem allerersten Auftritt in Ihrem Leben? Nun, etwas Aufregung hat sich nicht vermeiden lassen. Wirklich aufgeregt war ich allerdings bei dem Stück Orpheus. Vor allem, da ich als Zweitbesetzung plötzlich die Hauptrolle übernehmen musste, weil die Erstbesetzung krank geworden war. Den 3. Akt haben wir erst am Tag der Vorführung vollkommen durch gespielt. Aber grundsätzlich überwiegt immer die Freude und Lampenfieber ist kein Thema.
Erzählen Sie doch etwas von sich. Wer ist Felix-Fabian Hallmann? Ich bin 50 Jahre alt und komme ursprünglich aus (West-)Berlin. Eigentlich bin ich gelernter Opernsänger. Ich sang eine Weile im Chor in Sachsen, bekam dann aber Stimmprobleme. Diese rührten daher, dass ich meine Gesangskarriere als Frau startete. Erst seit 12 Jahren bin ich der Mann, der nun vor Ihnen steht. Ich musste mich also umorientieren und so machte ich eine Sprachausbildung und später eine Umschulung zum Mediengestalter für Bild und Ton. Danach begann ich als freier Videojournalist zu arbeiten, Abnehmer ist zum Beispiel der MDR. Allerdings stecke ich momentan in einer Maßnahme der Agentur für Arbeit, weil ich gesundheitsbedingt kürzer treten musste als Videojournalist.
Wie lassen sich Alltag und Schauspiel vereinen? Geht das überhaupt? Es ist schon schwer, wenn man drei Wochen lang, jeweils 7 Tage 14 Stunden proben muss, bis alles sitzt. Aber ich habe die Möglichkeit, mehr soziale Kontakte zu knüpfen und dabei auch noch Spaß zu haben. Vor der Maßnahme hatte ich quasi keine sozialen Kontakte. Durch den „1-Euro-Job“ habe ich Menschen getroffen und kennen gelernt, die durchaus zukunftsweisend sein können. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch einmal als Videojournalist zurückkehre. Ich würde gern etwas mit Musik machen. Am schönsten wäre es natürlich, wenn ich die vielen erlernten Fähigkeiten gemeinsam einsetzen könnte. Auch Filmdokumentationen wären für mich denkbar. Eventuell gibt es auch eine Zukunft bei den Kammerspielen Magdeburg. Es macht auf jeden Fall irrsinnig Spaß dort.
Welche Rolle wäre auch etwas für Sie? Wen wollten Sie schon immer einmal verkörpern? Die Frage kann ich leider nicht beantworten, dafür kenne ich mich nicht genug aus in der reinen Schauspielerei. Ich würde eigentlich gern in Richtung Unterhaltungsmusik gehen, gern auch bei „Olvenstedt probiert’s“ weiter machen… Oder Chansonabende organisieren und realisieren. Es läuft immer wieder auf den Gesang hinaus. Am liebsten auch etwas hinsichtlich der Schlager der 20er und 30er Jahre. Alte Techniken mit neuen bedienen. Ich denke, jetzt könnte ich dies sogar noch besser als früher, weil ich mich weiter entwickelt habe – und das auf so vielen verschiedenen Ebenen. Fragen: Sophie Altkrüger
Faust – Der Tragödie erster Teil; Von Johann Wolfgang von Goethe
30. August bis 3. September, jeweils 19 Uhr, Ort: Forum Gestaltung Magdeburg Brandenburger Straße 10, Magdeburg Karten unter: 0391/99087611 oder www.kammerspiele-magdeburg.de