Magdeburgs internationale Strahlkraft nimmt zu. Die Welt ist an der Elbe zu Hause und Magdeburger ziehen in die Welt.
Von Thomas Wischnewski
Eine Unternehmerin aus der chinesischen Partnerstadt Harbin plant in Magdeburg die Produktion von elektronischen Bauteilen für Blitzschutzanlagen. Ihr Interesse an der Elbestadt geht auf den Austausch mit der asiatischen Metropole, die fast zehn Millionen Einwohnern zählt, zurück. Die millionenschwere Investorin fahre voll auf Magdeburg ab und sei derzeit auf der Erkundungstour nach einem passenden Produktionsstandort. Die Marke „Made in Germany“ würde in China ziehen und die Ottostadt könne für das Qualitätssiegel stehen. Seit 2008 pflegt die Landeshauptstadt den Kontakt. „Natürlich hat Magdeburg in Harbin nicht den Bekanntheitsgrad wie Berlin, Hamburg oder München“, sagt der Beigeordnete für Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit, Rainer Nitsche. Und doch trägt das beiderseitige Engagement erste Früchte. Sogar die städtische Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) könnte in Kürze als Berater in China auftreten, um dort die Erfahrungen im umfassenden Stadtumbau zu vermitteln.
Mit gut 230.000 Einwohnern kann die internationale Strahlkraft der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt natürlich nicht mit einer deutschen Millionen Metropole aufwarten. Dennoch zeigen ganz viele Initiativen, wie weit Magdeburg mittlerweile in die Welt hineinragt und die Welt an die Elbe kommt. Traditionsunternehmen wie die FAM, die Röstfein Kaffee GmbH, SKET und viele andere unterhalten internationale Geschäftsbeziehungen. Sie agieren nicht nur in europäischen Nachbarländern, ihre Kontakte reichen bis hin zu anderen Kontinenten.
Die auftrebende IT-Branche hat ihre Fühler längst international ausgestreckt und lockt ihrerseits Experten an ihren Stammsitz. Ein Unternehmen zählt gar die zweitgrößte Bank der Welt, J.P. Morgan, zu ihren Kunden. „Man sieht, dass Magdeburg nach vorn geht und schätzt den Betreuungsservice“, erklärt Dr. Gundula Henkel, die Leiterin des Internationalen Büros der Stadt.
Mittlerweile leben in der Ottostadt ständig oder zeitweilig Menschen aus insgesamt 64 Nationen. Das Landeseinwohneramt zählte per 31. März 2015 insgesamt 12.000 Einwohner mit anderen Nationalitäten. An der Spitze des Theaters arbeitet seit 2009 die Britin Karen Stone als Generalintendantin. Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal ist seit vergangenem Jahr die Französin Prof. Dr. Anne Lequy. Mit Frankreich und insbesondere der Partnerstadt Le Havre entwickelte sich seit 2011 ein derart intensiver Austausch, dass sich mehrere Projekte bereits ohne städtisches Mitwirken organisieren, unterstreicht Rainer Nitsche. Man sei hungrig auf eine Zusammenarbeit. Die Entwicklungspotenziale Magdeburgs würden vielversprechender eingeschätzt als die manch gutsituierter westdeutscher Großstädte. Mit einer engen Verzahnung von Forschung und Wirtschaft im Anlagenbau und bei der Automatisierungstechnik könne die Landeshauptstadt mit einigen Alleinstellungsmerkmalen international punkten. Einige Architekten und Ingenieure sind gut vernetzt mit der Welt und realisieren Aufträge mir Partnern in anderen Ländern.
Über 2.000 Austauschstudenten tummeln sich in diesem Jahr an den Hochschulen Magdeburgs. Rund 100 Wissenschaftler arbeiten an den höchsten Bildungseinrichtungen. Übrigens wachsen auch hier die Studierendenzahlen aus dem fernöstlichen China. Dass die Stadt mit bunter Internationalität auftrumpft, zeigt sich auch im Bereich der Gastronomie. Fast 30 asiatische Restaurants bieten zwischen Rothensee und Westerhüsen Spezialitäten aus fernen Ländern an.
Die Welt ist hierzulande so selbstverständlich zu Hause, dass man es oft gar nicht mehr bemerkt. Der Alltag würde an den meisten Stellen ohne den weltumspannenden Handel und Austausch gar nicht mehr funktionieren. Zahlreiche Künstler bereichern fast täglich das Magdeburger Leben und manch einer, wie beispielsweise Domorganist Berry Jordan, der seit 1994 an der Elbe arbeitet, ist hier heimisch geworden.
Rund 80.000 ausländische Touristen, Tagungs- und Wirtschaftsgäste werden jährlich in der Landeshauptstadt gezählt. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Welt bereits in Magdeburg heimisch geworden ist und die Domspitzen nicht mehr nur provinziell in der Börderegion sichtbar werden.