Was ist eigentlich los in dieser Welt, in der wir leben? Chaos. Eine negative Schlagzeile jagt die andere. Und dazwischen? Pöbeleien, Pauschalisierungen. Hört noch jemand zu? Denkt noch jemand nach? Diese Fragen stellen sich unweigerlich, wenn man die Nachrichtenlage verfolgt und die Kommentare in sogenannten sozialen Netzwerken liest.
Eine kleine Gruppe Magdeburger hat davon schon längst genug und möchte wachrütteln, zum vernünftigen Miteinander und zum Reden und Zuhören animieren. Angefangen hatte es so richtig, als der Ukraine-Konflikt im April 2014 schwelte. „Wir hatten damals die Idee, eine Mahnwache abzuhalten“, schildert Christoph Petzold, der derzeit gemeinsam mit weiteren zehn Personen das Friedensforum – unter dem Dach des Friedenskulturkreises Magdeburg-Stadtfeld – gründet. „Die Mahnwache sollte einfach dazu dienen, eine offene Diskussion anzufachen, gewisse Dinge – auch mit Blick auf die Politik – zu hinterfragen, und die Beteiligten über die aktuelle Situation zu informieren.“
Der Zuspruch war groß. Die Themen, die bei den weiteren Mahnwachen angesprochen wurden, sehr vielfältig. „Daher kam die Idee, das alles zu konkretisieren. 2015 standen nicht mehr nur die Mahnwachen im Vordergrund, sondern, ein Netzwerk von Menschen zu schaffen, die sich für einen gewaltfreien, friedlichen Umgang einsetzen“, erklärt Sebas-
tian Clemens. Kontakte zu anderen Organisationen, die sich für den Frieden einsetzen – wie etwa die „Offene Heide“ – wurden geknüpft.
Barbara Psoch, die sich im Friedenskulturkreis Magdeburg-Stadtfeld engagiert, lobt den Eifer der jungen Menschen, die das Friedensforum gründen, und hat ihnen in der Walbecker Straße 1 die Möglichkeit geboten, sich regelmäßig zu treffen. „Wer, wenn nicht die jungen Leute, soll sich für einen friedlichen Umgang und für eine Welt ohne Waffen einsetzen“, fragt sie. Eine Welt ohne Bedrohungen – was so einfach klingt, ist ein viel zu komplexes Thema, das von einer Vielzahl von Akteuren bestimmt wird. Aber deshalb resignieren? Weil das Thema viel zu komplex ist? „Dann ändert sich erst recht nichts, wenn wir tatenlos zusehen“, meint Barbara Psoch.
„Informieren, hinterfragen, diskutieren, engagieren, uns einmischen – das ist das Mindeste, was wir tun können“, sagt auch Nicole Maas, die regelmäßig zu den Treffen in der Walbecker Straße kommt. „Wenn ich sehe, was tagtäglich passiert, dann bringt mich das zur Verzweiflung“, ergänzt Christoph Petzold. „Aber nichts zu unternehmen, hilft nicht weiter. Das Engagement ist deshalb eine Art Ventil für mich.“ Alle Beteiligten betonen immer wieder, dass eine vernünftige Kommunikation das Wichtigste ist. Zuzuhören und miteinander zu reden sei das beste Mittel, um Auseinandersetzungen vorzubeugen. „Das sieht man doch momentan an der Debatte über die Flüchtlinge. Äußert ein Bürger seine Angst oder Besorgnis, wird er oft gleich in die ‚rechte Ecke‘ geschoben. Wir fällen viel zu schnell Pauschalurteile, und das führt zu weiteren Anspannungen“, so Sebastian Clemens.
Also: einander zuhören und miteinander reden. „Und vielleicht können wir damit unseren Beitrag leis-
ten“, sagt Barbara Psoch. „Aber wir stehen ja erst am Anfang. Krisen werden selten über Nacht gelöst.“ Wer sich für die Arbeit des Friedensforums interessiert und sich ebenfalls engagieren möchte, kann bei der 8. Meile der Demokratie vor dem Hundertwasserhaus mit den Beteiligten ins Gespräch kommen. Oder sich auf der Internetseite informieren. (th)
www.friedensforum-magdeburg.de / info@friedensforum-magdeburg.de
Eine Stadt für alle
Unter diesem Motto ruft auch in diesem Jahr wieder ein breites Netzwerk der Zivilgesellschaft mit kreativem Protest gegen Rassismus und für ein respektvolles Miteinander auf der 8. Meile der Demokratie in Magdeburg auf.
Die steigende Anzahl an Neuankömmlingen in der Landeshauptstadt, welche ihre Länder aufgrund von Krieg und Elend verlassen haben, soll dabei in den Mittelpunkt gerückt werden – gerade an diesem Tag, der wie kein anderer für die Folgen von Krieg steht. Am 16. Januar 1945 kehrte der Krieg, den Deutschland in viele Länder der Welt getragen hatte, nach Magdeburg zurück. In der Vergangenheit versuchten rechte Gruppierungen diesen Tag immer wieder zu instrumentalisieren – doch seit einigen Jahren setzt Magdeburgs Zivilgesellschaft auf einen koordinierten Protest und einen Aufruf zum Miteinander und Demokratie. Gleichzeitig engagieren sich zahlreiche Menschen in Magdeburg für eine weltoffene Stadt und für die neu hinzukommenden Menschen in der Stadt. Daher soll am 16. Januar gemeinsam mit vielen Magdeburgern und Gästen ein deutliches Zeichen für ein demokratisches und weltoffenes Magdeburg gesetzt werden. Mit vielen Aktionen am Breiten Weg, aber auch einigen Meilensteinen in anderen Stadtteilen, soll gezeigt werden, dass die Elbestadt ein Ort ist, an dem Menschen unabhängig von Herkunft, Aufenthaltsstatus oder anderer Merkmale verschieden sein können und friedlich zusammenleben.
Der Auftakt der 8. Meile der Demokratie findet am 16. Januar 2016 um 12 Uhr auf dem Alten Markt statt. www.meile-der-demokratie.de