Diese verbale Wertung einer Verhaltensweise eines anderen einem selbst gegenüber lässt einen latenten Ansatz von Kannibalismus vermuten. Doch ist diese Aussage: „Du schmeckst mir!“ eigentlich total sinnentstellend. Selbst wenn man vom missliebigen Gegenüber auch nur ein bisschen abbeißen würde kann man sich nicht sicher sein ob sich eine kulinarische Gaumenfreude einstellen würde.
„Du schmeckst mir!“ beschreibt ja genau das Gegenteil von dem was man eigentlich sagt.
Da hilft auch kein Geschmacksverstärker. Und mit dem lebensmitteltechnischen Fachausdruck: „Geschmacksverstärker“ nähern wir uns dem eigentlichen Thema: nämlich dem Geschmack.
Die einen sagen, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt. Die anderen meinen wiederum, über Geschmack lässt sich trefflich kontrovers diskutieren. Ganz anderen wieder geht diese Diskussion stringent am Verdauungstrakt vorbei, da sie keinen Geschmack haben.
Aber sind wir doch mal ehrlich zu uns selbst. Lesen wir denn immer die Angabe der Inhaltsstoffe die sich in den Lebensmitteln verbergen? Und vor allem sind wir uns der Wirkung dieser Inhaltsstoffe in unseren Körper überhaupt bewusst?
Hilfe! Was passiert denn eigentlich, wenn sich die Inhaltsstoffe mit den Zusatzstoffen zu einer chemischen Keule vereinigen, im Magen- Darmtrakt zu einem verdauungstechnischen Erstschlag ausholen und die Darmzotten martialisch erzittern lassen? Die Erkenntnis kann nur sein: Wenn die Zotten zittern, so muss uns das verbittern!
Nehmen wir nur mal die gute deutsche Wurst. Egal ob Brat-, Leber- oder Bockwurst. Wenn man nun glaubt, in der Bratwurst ist hauptsächlich Braten und in der Leberwurst sei es die Leber, dann frage ich mich doch, wie kommt ein Bock in die Bockwurst? Dürfen trockene Alkoholiker Bierwurst essen? Könnte man zum Kapitalverbrechen neigen, wenn man „Mord-Tadella“ genüsslich verspeist? Nein! Wir können uns beruhigt zurücklehnen, denn wir wissen doch ziemlich genau: Es ist selten vom dem etwas drin, das dem Ganzen den Namen gibt. Doch ulkigerweise schmeckt es oft, wie es heißt. Ursächlich hierfür sind oft nicht die Inhaltsstoffe, sondern eher die Zusatzstoffe. Zusatzstoffe sind laut amtlicher Erklärung Stoffe, die nicht als Lebensmittel verzehrt werden. Zusatzstoffe sind in der Regel eine nicht charakteristische Zutat eines Lebensmittels. Doch ist das wie gesagt eine amtliche Regel. Wir essen regelmäßig etwas, was da überhaupt nicht reingehört.
Aber die Lebensmittelfabrikanten sind ja nicht dumm. Sie steuern unsere Unwissenheit, indem sie diesen Zusatzstoffen einfach „Decknamen“ geben, damit man sie nicht enttarnen kann. E133, E111 oder E143 klingt erstmal ziemlich ungefährlich. Also essen wir. Bei E10 aber wissen wir: Das ist Benzin und darum trinken wir es nicht.
Schon in meiner Kindheit erzählte man sich immer einen Witz: Sagt der Metzgerlehrling zum Metzgermeister bei der Wurstherstellung: „Also Meister, wenn das rauskommt, was sie da reinmachen, dann kommen sie rein, wo sie nie wieder rauskommen!“
Die Menschheit ist eben doch nicht lernfähig oder will es nicht sein. Dieser Kinderwitz hat eben heute noch immer Gültigkeit. Nur auf höherem chemischen Niveau. Ein Zitat von Max Liebermann soll diesen geschmacklichen Gedankengang beenden. Liebermann sagte: „Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte!“ Hat aber Max Liebermann beim Fressen auf die Inhalts- und Zusatzstoffe geachtet? Ich glaube, wir werden es nie erfahren.
Herzlichst, Ihr Frank Hengstmann