Ein Forum für Faust

FaustProbeInszenierung durch das ganze Haus ab 27. April.

Wie kommt denn jetzt der Hund hier rein?“ Die Blicke der Schauspieler lösen sich bei dieser Frage vom Textheft, suchen den Raum ab. „Durchs Fenster?“ Die Antwort ist ein gemeinschaftliches Lachen. Durchs Fenster wohl kaum.

Obwohl Goethes Pudel das wohl könnte, denn des Pudels Kern ist „zauberhaft“ in der Geschichte um Doktor Faust. Der philosophiert gerade in seinem Studierzimmer. Das befindet sich im Hörsaal der ehemaligen Handwerksschule. Im Gebäude in der Brandenburger Straße wird ihm im wahrsten Sinne ein Forum geboten: Das Forum Gestaltung, das dort zuhause ist, wird in seiner Gänze bespielt – von der Ausstellungshalle über die Ateliers bis in den Innenhof. Unterm Sternenhimmel werden sich die Hexen versammeln zur Walpurgisfeier, und sie werden so völlig anders sein als bisher geglaubt. Bei der ersten Konzeptprobe gehen Darsteller und Gestalter durch die Räume und den Text, um Ungereimtheiten zwischen Theorie und Praxis aufzuspüren. Wie funktioniert am besten der Gang über die Treppe? Woher schweben die Engel ein? Wie führen die Darsteller das Publikum durch die Räume? Die Inszenierung wird auf den Spielort zugeschnitten. „Es wird eine Reise“, sagt Michael Günther, der mit Dirk Heidicke die künstlerische Leitung innehat.
Erstaunlich textsicher zeigen sich bereits beim ersten Zusammenkommen nicht nur die Schauspieler, sondern auch die mitwirkenden Schüler von der Schauspiel-AG des Norbertusymnasiums, die Günther leitet. Die Begeisterung auf sein Angebot, bei der Inszenierung mitzuwirken, hielt sich zunächst in Grenzen, erzählt er. Goethe? Faust? Schulstoff. Keine erträumte Freizeitbeschäftigung. Doch dann kamen sie zur Probe – Jungs wie Mädchen. Begannen mit dem Osterspaziergang. Und sind mit Begeisterung dabei. Flanieren jetzt durchs Forum Gestaltung. „Junge Menschen sind der verkörperte Frühling“, sagt Michael Günther.
Faust_Mephisto„Hah!“, ruft Mephisto, „was wettet Ihr?!“ Susanne Bard bietet sich im Hörsaal ein Rededuell mit Oliver Breite, der für die Rolle des Faust gewonnen werden konnte. Beide sind bereits mitten in ihren Rollen, variieren mit Stimme und Mimik, dass es eine Freude ist. Man kennt sich von anderen Inszenierungen. Die Kammerspiele hatten den Filmschauspieler bereits für ihren Sommertheater-Kult „Olvenstedt probiert’s“ nach Magdeburg geholt.  Jetzt wandelt er als Faust durchs Forum.
Goethes Text wurde von Dirk Heidicke bearbeitet, etwa um die Hälfte gekürzt und, wo es nötig war, ergänzt. Um die zwei Stunden Spielzeit ergeben sich so. Mit Pause und Gang durchs ganze Haus.  Eine gute Gelegenheit, auch das Forum Gestaltung näher kennenzulernen. Der gleichnamige Verein macht das Haus der ehemaligen Kunstgewerbe- und Handwerkerschule zum Treff für Kunst und Kultur, mit Lesungen, Ausstellungen, Gesprächen. Ab 27. April nun erneut mit einer ungewöhnlichen Inszenierung. Birgit Ahlert

Daten, Fakten, Termine
Faust, der Tragödie erster Teil.
Von Johann Wolfgang von Goethe.
Inszenierung der Kammerspiele Magdeburg, in einer Bearbeitung von Dirk Heidicke.
Mit Oliver Breite, Susanne Bard, Corinna Breite,
Friederike Walter, Michael Günther, Beate Fischer,
Schülern des Norbertusgymnasiums und der
Theatergruppe Handwerk.
Ausstattung: Meyke Schirmer.
Premiere:  27. April, 19 Uhr, Forum Gestaltung,
Brandenburger Straße 10.
Weitere Termine: 28./29.4., jeweils 19 Uhr.
Karten unter Tel. 0391 / 99 08 76 11.
www.kammerspiele-magdeburg.de

Foto: Oliver Breite (li.) und Susanne Bard bei der Konzeptprobe; im Hintergrund lädt Norbert Pohlmann ins Forum Gestaltung ein.