„Es fehlt die Leichtigkeit des letzten Jahres“

100715PG_SCM1Nach vier Spieltagen rangiert der SCM, den zahlreiche Fachleute durchaus zugetraut hatten, den Top Drei (Kiel, Flensburg, Rhein-Neckar Löwen) in diesem Jahr auf den Pelz zu rücken, etwas überraschend nur im Mittelfeld. Über die Ursachen dafür sprach Magdeburg Kompakt mit dem Sportlichen Leiter, Steffen Stiebler.

MAGDEBURG KOMPAKT: Zwei Siege, zwei Niederlagen – damit können Sie doch nicht glücklich sein?
Steffen Stiebler: Nein. Wir sind generell mit dem Start in die neue Spielzeit nicht zufrieden. In der vergangenen Woche haben wir binnen vier Tagen zwei Begegnungen verloren, die man nicht verlieren muss (zu Hause gegen das Spitzenteam Rhein-Neckar Löwen und beim Aufsteiger DHfK Leipzig, d. Red.). Fehlte es  gegen die Mannheimer noch an Cleverness, so waren wir gegen den Neuling nicht bereit, den angebotenen Kampf über 60 Minuten anzunehmen. Ein derartiger Makel wird in der Bundesliga nicht verziehen. Wenn du da nur 20 Minuten das Erforderliche gibst, kannst du in der höchsten deutschen Klasse, anders als vielleicht in Spanien und Frankreich, gegen jedes Team verlieren.

Aber im letzten Jahr war doch gerade der nimmermüde Kampfgeist ein Markenzeichen des SCM.
In der vorigen Saison waren wir immer dann stark, wenn wir uns als Team gezeigt haben. Damit haben wir viele Partien für uns entschieden. Diese mannschaftliche Geschlossenheit haben wir diesmal nicht; noch nicht.

Lassen sich dafür Ursachen festmachen?
Es gibt keine Automatismen, die besagen, wenn du eine Saison positiv abgeschlossen hast – das haben wir, fast wären wir ja noch in die Champions League gerutscht –, dann kannst du nach der Sommerpause einfach da weitermachen. Man muss sich alles wieder neu erarbeiten. Und genau daran mangelt es uns derzeit. Uns fehlt einfach die Leichtigkeit des letzten Jahres.

Welche Möglichkeiten hat denn in einer solchen Situation die sportliche Leitung, zuallererst natürlich der Trainer, überhaupt, an bestimmten Stellschrauben zu drehen?
Wenn das so einfach wäre! Das ist ja gerade das Schwierige in unserem Job. Natürlich versucht man zuallererst, an der Einstellung der Spieler etwas zu verändern. Dazu werden, unter anderem, viele Einzelgespräche geführt. Natürlich wird auch an der einen oder anderen taktischen Sache gearbeitet, wird versucht herauszufinden, welche Spieler auf der Platte am besten zusammenpassen.

Eine grundlegend neue taktische Ausrichtung ist also kaum zu erwarten?
Nein, dafür gibt es auch gar keinen Grund. Das Team hat das Handballspielen  nicht verlernt und ist in der Sommerpause auch nicht neu personell zusammengestellt worden. Es gilt einfach, die einstige Unbeschwertheit im Spiel wiederzufinden. Klar muss allen Spielern aber sein, dass jede Mannschaft gegen uns 120, 130 Prozent gibt. Wir werden nicht mehr, wie vielleicht im letzten Jahr, unterschätzt. Das muss so schnell wie möglich in die Köpfe rein. Nicht nur physisch und taktisch im Training, die Spieler müssen sich mental besser vorbereiten auf die Spiele.

Es ist unübersehbar, dass es im rechten Rückraum klemmt. Nun hat der SCM für die Saison 2016/17 für diese Position bereits den serbischen Nationalspieler  Nemanja Zelenovic verpflichtet. Der 25jährige Linkshänder spielt noch beim polnischen Champions-League-Teilnehmer Wisla Plock. Wird darüber nachgedacht, den Transfer eventuell in die Winterpause vorzuziehen?
Derartige Überlegungen gibt es derzeit nicht. Schnellschüsse bringen meist nichts. Zudem gilt es zu beachten, dass Zelenovic  einen gültigen Vertrag in Polen bis Juni 2016 besitzt.

Kritiker bemängeln schon, dass nach dem nicht gelungenen Start auf lange Sicht sogar das internationale Geschäft, sprich der erneute Start im EHF-Cup oder gar in der Champions League,  in Gefahr geraten könne.
Die Zeit ist so schnelllebig, da kann noch so viel in der Liga passieren. Im letzten Jahr sind wir ebenfalls etwas holprig gestartet, und dann noch auf Rang vier vorgestossen . Richtig ist, die beiden Niederlagen sind ein Schuss vor dem Bug. Daraus gilt es, die Lehren zu ziehen, den Hebel  jetzt umzulegen.
Fragen: Rudi Bartlitz