Gratwanderung der Frauen im Kabarett

Die Damen werden von den Herren liebevoll umrahmt (v.l.): Oliver Vogt, Heike Ronniger, Marion Bach, Christoph Deckbar, Frank Voigtmann. Foto: P. Gercke

Die Damen werden von den Herren liebevoll umrahmt (v.l.): Oliver Vogt, Heike Ronniger, Marion Bach, Christoph Deckbar, Frank Voigtmann. Foto: P. Gercke

„DIE kaufen wir uns“ heißt das dritte Programm des Doppels Marion Bach und Heike Ronniger in der Zwickmühle. Premiere ist am 17. Oktober.
Frauen können politisch. Zuhause. Ihre Meinung haben. Doch auf der Bühne? Im Kabarett? Ist wenig Weibliches zu entde-
cken. Und das bisschen Ladies Night wurde nach dem Erfolg im dritten öffentlich-rechtlichen Fernsehen ins Erste geholt – und Richtung Mitternacht verschoben.

Anders in Magdeburg. In der Zwickmühle bringen Marion Bach und Heike Ronniger ihr nunmehr drittes Programm auf die Bühne. „Unsere Quotenfrauen“, nennt Kabarettchef Hans-Günther Pölitz sie augenzwinkernd. „Und wir haben unseren Quotenmann“, kontert Marion Bach. Der besetzt den Platz links außen – am Klavier. Im Wechsel wird das Frauen-Duo begleitet von den Musikern Oliver Vogt und Christoph Deckbar. Und die haben sogar ab und an etwas zu sagen. „Für Manches brauchen wir einen Mann“, meint die Bach dazu: „Und seien es nur blöde Einwürfe.“
Frauen machen anders Kabarett als Männer. Nicht weniger gut, betont Zwickmühlenchef Hans-Günther Pölitz. Aber eben anders. Sie bringen andere Facetten ein, andere Ansichten, andere Darstellungen. Frauen machen sich ungern zum Deppen, weiß Pölitz. Doch Kabarett brauche immer einen Dummen. Ein Mann bekommt dafür reichlich Lacher. Herricht & Preil sind legendäre Musterbeispiele. Für Frauen ist das eine Gradwanderung. Sie werden schnell mit einem „Die ist aber blöd“ abgetan. Auch macht es einen Unterschied, ob Frauen allein oder mit einem Mann auf der Bühne agieren. Hans-Günther Pölitz: „Sie können Dinge machen und sagen, da wäre bei uns sofort die Gleichstellungsbeauftragte zur Stelle.“ Marion Bach: „Wir Frauen gehen leichter miteinander um, da gibt es mehr Vertrautheit.“ Mit Heike Ronniger ist sie seit langem befreundet. „Wir verstehen uns auch ohne Worte.“ Außerdem passen die beiden auch optisch gut zusammen, erklären sie. „Wie Legosteine“, so Bach, „ihr Hintern passt genau in mein Hohlkreuz“. Sie können witzig. Und politisch. In Kombination. Dazu noch musikalisch! Das verspricht beste Kabarett-Unterhaltung. Mit zwei Programmen hatten sie auf der Zwickmühlen-Bühne bereits Erfolg. Allerdings war der Start nicht hindernisfrei: Anfangs kamen vor allem Frauen. Was vielleicht auch am Titel lag. „Damenwahl“ war jedoch alles andere als seichtes Geblödel zum Kaffeekränzchen. Mit „Ausgebucht für eine Macht“ holten sie den G8-Gipfel in die Börde. Und Männer ins Publikum. Jetzt bringen sie erneut ein Nummernprogramm auf die Bühne. „Das macht es möglich, auf das aktuelle  Tagesgeschehen schneller und flexibler zu reagieren“, erklärt Regisseur Frank Voigtmann. Heike Ronniger verrät: „Die griechische Tragödie wurde schon zweimal umgeschrieben.“ Wird es tragisch? „Nein. Das ist ja die Kunst beim Kabarett – lachen, worüber man weinen sollte“, antwortet Marion Bach.
Im neuen Kabarettprogramm erklären Bach und Ronniger die Welt. Natürlich. Aus Frauensicht. Bei aller Politik spielen sie dabei auch mit Klischees. Frauen kaufen gern. Ein. Sich was. Diese beiden wären aber keine Kabarettistinnen, wenn es nicht weit darüber hinausginge. Die kaufen sich auch mal einen Politiker. Oder eine Meinung. Oder gleich zur Verkündigung ein ganzes Medium. Worum es sonst noch geht? Darauf hat Marion Bach einen Reim gemacht:
Die Wirtschaft jongliert,
die Bank wird saniert.
Der Reiche kassiert,
der Arme erfriert.
Die Regierung taktiert,
der Wandel stagniert.
Das Geld wird hofiert,
das Denken kastriert.
Ein Feindbild kreiert,
bis der Hass dann marschiert.
Die Werbung traktiert,
der Käufer pariert.
Dem Volk wird serviert,
dass alles floriert.
Wer so uns an der Nase rumführt,
zu denen sagen wir ungeniert,
egal ob sie heißen Hinz oder Kunz:
„DIE kaufen wir uns“.
Frauenkabarett ist eben auch in ihrer Bewerbung anders.

Birgit Ahlert