„Ich will nicht ständig dieser Bestimmertyp sein“

weihnachtsmann_intMAGDEBURG KOMPAKT: Herr Weihnachtsmann, Sie drohen damit, Weihnachten ausfallen zu lassen. Warum?
Weihnachtsmann: Das liegt doch auf der Hand: Das ganze Drumherum hält der gesellschaftlichen Entwicklung nicht stand und verstößt gegen die Regeln jeder Gleichberechtigung.

Das müssen Sie jetzt näher erklären!
Die Forderung lautet: Mehr Frauen in Führungspositionen. Dazu will ich einen Beitrag leisten. Außerdem ist die einseitige, männliche Dominanz des Weihnachtsmannes nicht geschlechtergerecht. Warum gibt es keine Weihnachtsfrau? Es besteht die Gefahr, dass sich patriarchalisch gefärbte Rollen in Kinderköpfen weiter verfestigen. Das müssen wir überwinden.

Übertreiben Sie nicht ein wenig? Kinder freuen sich doch auf Sie.
Das ist keine Übertreibung. Ich habe die Gesetze nicht gemacht und will mich nur an geltendes Recht halten. Und das mit der Kinderfreude ist eine einseitige Behauptung. In anderen Monaten muss ich als disziplinierende Drohung herhalten; wenn du nicht artig bist usw. … Es entsteht der Eindruck, als würde ich alles bestimmen. Ich will nicht ständig dieser Bestimmertyp sein. Warum drücken sich Frauen eigentlich vor dieser Rolle?

Das ist doch Tradition.
Quatsch. Überall ist das Gezeter nach Gleichstellung groß. Jedes maskuline Wort soll einen femininen Ausdruck finden. Nur beim Weihnachtsmann darf immer alles so bleiben, wie es ist. Das finde ich ungerecht.

Ihre Aktivitäten sind jahreszeitlich begrenzt?
Das behaupten Sie. Viele Kinder denken schon  im Sommer an mich oder werden von ihren Eltern an mich erinnert. Haben Sie mal darüber nachgedacht, welches Bild vom Weihnachtsmann vermittelt wird? Ganz allein kümmert er sich um alle Geschenke. Damit pflegt man das überholte Rollenverständnis, dass nur der Mann arbeiten würde. Selbst unter meinen Helfern gibt es keine weiblichen Figuren. Das hat nichts mit Gleichstellung zu tun.

Zumindest erscheint das ungerecht.
Das ist so. Damit muss Schluss sein. Andere dürfen auf ihr Recht pochen. Das möchte ich jetzt auch.

Sie sind eine singuläre Minderheit.
Na und, andere Minderheiten finden unter Gleichstellungsaspekten Berücksichtigung. Da sich von allein nichts tut, muss ich für meine Rechte demonstrieren. Und das geht nun einmal nur an Tagen, an denen mein Fehlen überhaupt bemerkt wird. Meinen Ausstand zu Ostern würde niemanden interessieren.

Na ja, der Osterhase könnte dieselben Forderungen stellen wie Sie.
Stimmt. Ich werde mal mit ihm reden. Wissen Sie, was ich überhaupt nicht verstehe? Überall gibt es Kritik über gesellschaftlich tradierte Geschlechtermuster. Nur bei mir nicht. Warum hat es noch keinen Aufschrei der Damenwelt gegeben?

Bedenken Sie bitte, dass die Anzahl alleinerziehender Frauen zunimmt…
… Das ist ein Argument. Dann gehe ich nur zu alleinerziehenden Müttern. Wenigstens kann ich da einmal im Jahr sinnvoll zum Einsatz kommen. Den Rest der Familien können Weihnachtsfrauen abarbeiten.

Sie sind ganz schön gemein.
Ich habe den strengen Geschenkeüberbringer nicht erfunden. Es wird Zeit, dass hier Frauen das Sagen haben. (tw)