In Zahlen: Tut sich was an der Elbe?

KatharinenTurm8Magdeburg hat ein Imageproblem. Dieser Fakt ist seit Jahren bekannt. Menschen, die noch nie hier waren, fragen: „Was soll ich dort?“. Andere, die die Stadt nur von der Durchreise oder einem Kurzaufenthalt kennen, finden sie langweilig und trist. Es braucht – wie so oft – einen Blick hinter die Kulissen, um die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts besser kennenzulernen.

Dass sie nach Hannover zur grünsten Stadt Deutschlands zählt, dürfte zumindest den Einheimischen bekannt sein. Viele wissen auch, dass sich hier der älteste gotische Dom Deutschlands, die größte Trogbrücke Europas und der höchste Holzleimbinderturm der Welt befinden. Wer aber weiß, dass der erste Bürgerpark Deutschlands in Magdeburg entstanden ist oder dass die Stadt Heimat des modernsten Puppenspielhauses Europas ist? Und wie viel dringt davon „nach außen“?
Nicht nur in Zeitungsartikeln, wie zuletzt in einem Beitrag der „Zeit“, sondern auch in Städterankings tritt dieses Imageproblem zutage. In etlichen Erhebungen, die etwa Deutschlands beliebteste oder zukunftsfähigsten Städte auserkoren haben, taucht Magdeburg gar nicht auf oder nimmt einen der hinteren Plätze ein. Etwas differenzierter betrachtet ein Projekt, das die WirtschaftsWoche in regelmäßigen Abständen veröffentlicht, die kommunalen Leistungen in Deutschland. Wie es von Seiten der Stadtverwaltung Magdeburg heißt, ist das Ranking der WirtschaftsWoche für das Wirtschaftsdezernat im Allgemeinen von Bedeutung.
Es werden für diesen Städtetest eben nicht nur ein paar Menschen nach ihren Lieblingsausflugszielen befragt, sondern die ökonomische und soziale Entwicklung – von Arbeitsmarkt über Wirtschaftsstruktur, Immobilienmarkt bis hin zur Lebensqualität – aller kreisfreien Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern in Deutschland untersucht. Aus der aktuellen Erhebung von 2015 lässt sich das Abschneiden Magdeburgs wohl mit dem Wort „durchwachsen“ definieren. Unter 69 untersuchten Städten belegt Magdeburg im Niveau-Ranking, das die Ist-Werte ausgewählter Kennziffern auf Basis der jeweils aktuellsten verfügbaren Daten vergleicht (bspw. das Bruttoinlandsprodukt, BIP, je Erwerbstätigen), mit 44,7 Punkten Platz 53. An erster Stelle liegt München mit 66,3 Punkten. Schlusslicht ist Gelsenkirchen mit 36,5 Punkten. Auch die zweite große Stadt Sachsen-Anhalts, Halle/Saale, belegt mit 42,5 Punkten einen der hinteren Plätze (62).
Betrachtet man hingegen das Dynamik-Ranking, das die Veränderungsraten in den fünf zurückliegenden Jahren ins Kalkül zieht (bspw. wie sich das BIP in dieser Zeit entwickelt hat), findet sich Magdeburg im Mittelfeld wieder – Platz 35 mit 48,5 Punkten. Auch Halle/Saale (Rang 38) steht im Vergleich zum Niveau-Ranking besser da und liegt mit 48,1 Punkten nur knapp hinter Magdeburg. Das Dynamik-Ranking sieht Ingolstadt mit 68,6 Punkten an erster Stelle. Den letzten Platz belegt Oberhausen mit 41,1 Punkten.
Auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bescheinigt der Landeshauptstadt in einer anderen Erhebung: Es bewegt sich etwas in Magdeburg. Das aktuellste Ranking der Initiative (allerdings aus dem Jahr 2012) sieht die Otto-Stadt als Dynamiksieger, was vor allem auf den Rückgang der Arbeitslosigkeit, den Anstieg der Altersbeschäftigung, die verbesserte Arbeitsplatzversorgung und den guten Umgang mit öffentlichen Finanzen zurückgeführt wird. Allerdings schlagen die Schulabbrecherquote, die verhältnismäßig niedrige Einkommensteuerkraft und die relativ niedrige Zahl an Gästeübernachtungen negativ zu Buche.
Die WirtschaftsWoche filtert in ihrem Städtetest 2015 ebenfalls positive Entwicklungen der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt heraus. Bei den Unterbringungsmöglichkeiten für unter Dreijährige in Kindertagesstätten liegt Magdeburg im Vergleich der Großstädte auf Rang 4. Zeitgleich wird jedoch dieses Plus durch den Fakt eingeschränkt, dass Die Kinderbetreuungsquote der unter Dreijährigen im Untersuchungszeitraum um lediglich 3,2 Prozentpunkte anstieg, während der Durchschnitt der untersuchten Städte mit 11,5 Prozentpunkten zulegen konnte. Zur „Verteidigung“ könnte man an dieser Stelle das Argument anführen, dass natürlich in den Städten, in welchen die Kinderbetreuung vorher auf einem niedrigen Niveau war, der Ausbau zu einem deutlicheren prozentualen Anstieg führte, während in Magdeburg nicht mehr so viel „Luft nach oben“ war.
Ebenfalls im Bereich der Beschäftigung zieht die WirtschaftsWoche ein positives Fazit. So gingen in Magdeburg im Jahr 2014 51,9 Prozent der über 55-Jährigen einer Beschäftigung nach – Rang 8 im bundesweiten Vergleich. Auch was die Erwerbstätigkeit der Frauen betrifft, schneidet die Stadt an der Elbe sehr gut ab: 57,3 Prozent der erwerbsfähigen Frauen stehen in Lohn und Brot. Das bedeutet Rang 5 im Vergleich der Großstädte. Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen verringerte sich in Magdeburg zwischen 2009 und 2014 um 3,9 Prozentpunkte (bundesweit Rang 7 im Vergleich). Der Anteil der Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen verbesserte sich zwischen 2009 und 2014 um 2,1 Prozentpunkte, womit die Landeshauptstadt auf Rang 16 im Vergleich der Großstädte liegt.
Doch auch hier schränkt der Städtetest ein. Bei der Produktivität erreicht Magdeburg Rang 64. Je Erwerbstätigen wurde am Standort eine Wirtschaftsleistung von 49.537 Euro erwirtschaftet. Der Pendlersaldo verringerte sich um 3,29 je 100 Einwohner, was Rang 67 bedeutet. Mit Blick auf die Wirtschaftsleistung (BIP) liegt Magdeburg ebenfalls auf den hinteren Plätzen. Zwar stieg das BIP von 2009 bis 2012 um 3,3 Prozent, im Vergleich erreicht die Stadt damit jedoch nur Rang 63.
Betrachtet man die Zahlen dieses und anderer Rankings, könnte man fragen, wie sinnvoll es ist, Magdeburg unter gewissen Gesichtspunkten mit Städten wie München, Berlin, Stuttgart oder Dresden zu vergleichen. Alles relativ, oder?

Tina Heinz