Kahlschlag im Kleingarten

thomas_editorialDie Gartenfreunde überwuchern sich selbst mit Unkraut.

Unter den Magdeburger Kleingärtnern wuchert seit längerer Zeit ein heftiger Streit. Eigentlich sollte man meinen, Gärtner pflegen ihre Parzellen mit Liebe und Aufmerksamkeit. Doch das Unkraut der Auseinandersetzung hat sich bereits derart breit gemacht, dass jetzt nur noch der Kahlschlag und ein komplettes Umgraben des Bodens helfen können. Worum geht es?

Da gibt es den Schatzmeister Hans-Otto Schlehf, der schon einmal 2006 über ein Misstrauensvotum abgewählt wurde, seit einiger Zeit aber wieder im Amt ist, und die Vorsitzende des Verbandes der Gartenfreunde, Ute Simon. Vor allem Letzterer wird von Schlehf und seinen Unterstützern vorgeworfen, über Jahre eine Misswirtschaft betrieben zu haben. Das Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll das belegen. In der Tat kommt das Papier zum Schluss, dass dem Verband schlechtes Wetter droht und die künftige Ernte schlecht ausfallen kann. Eigentlich hat dies auch ganz nachvollziehbare Gründe. Denn die Anzahl der Magdeburger Kleingärtner schrumpft kontinuierlich. Die Finanzierung der Parzellenpachten gerät dadurch in Gefahr. Von den rund 14.500 Gärten stehen schätzungsweise über 1.000 leer. Da die Pächter, die in 230 Vereinen organisiert sind, die Verwaltungsarbeit nicht allein leisten wollen, gibt es den Verband, der dies übernimmt. Der Zwist über die Gartenzäune ist inzwischen derart eskaliert, dass sogar 2013 die Magdeburger Gartenpartei entstand, die dem Verband unterstellt, das wertvolle Gartenland den Bebauungsplänen der Stadt zu opfern. Von außen kann man dem Treiben der Streithähne mit Kopfschütteln begegnen. Es mündet in die Erkenntnis, dass jeder für sich beansprucht, den besten Dünger parat zu haben und der jeweils andere indes Raubbau an der Gartenkultur betreiben würde. Fakt ist, dass junge Menschen heute wenig Interesse an der Hege und Pflege eingezäunter Grundstücke finden und sich offensichtlich damit schwer tun, die engen Regeln anerkennen zu wollen. Im Garten herrscht nämlich noch Ordnung. Und wehe dem, der sein Areal vor den Augen seiner Zaunnachbarn nicht nach allen Regeln der Kunst beackert. Egal. Die Auseinandersetzung geht weiter. Jetzt soll erneut der Schatzmeister aus dem Amt gejagt werden. Im Falle seiner Amtsenthebung wird das Streitproblem nicht ausgerissen sein. Es sieht so aus, als würde eine wirkliche Befriedung nicht mehr möglich sein, weil sich jede Seite mit ihren jeweiligen Unterstützern im selbstgeschaufelten Graben verschanzt hat. Entweder bedarf es jetzt eines großen Unwetters, das alles hinwegfegt oder eines außenstehenden Schlichters, der den Unkrautstreit aus den Köpfen reißt, sonst bleiben die Kleingärtner im vergifteten Kraut stecken.
Thomas Wischnewski