Die Magdeburger und ihre Johanniskirche verbinden historische Momente und Augenblicke großer Ereignisse“, leitet Magdeburgs OB, Dr. Lutz Trümper eine Broschur zur Johanniskirche ein. Sehr richtig und sehr vollmundig zugleich. Denn die Magdeburger und ihre Johanniskirche verbindet nicht mehr wirklich viel. Musik ist dort schwer zu ertragen, aus akustischen Gründen. Lieb geworden ist mir die Kirche, weil ich einen der großen „Reformatoren“ unserer Tage dort erleben durfte, Prof. Hans Küng, den großen katholischen Theologen, Widersacher der Päpste zwischen Johannes XXIII. und Franciscus. Wollen wir doch mal die Superlative festhalten: Die Johanneskirche ist die erste Kirche Deutschlands, die Kaufmännerkirche genannt wurde. Sie ist die älteste Kirche Magdeburgs. Die nach dem Bombardierung der Kirche freigelegten Mauerreste einer Apsis und die seitenschiffartigen Nebenräume unter dem gotischen Chor stammen aus der ottonischen Zeit und stellen die ältesten Baureste der Stadt dar. Die Johanniskirche ist nach Alfred Frantz die „vornehmste Kirche der Oldenstadt, der Alten Stadt“. Die Stadt wächst aus zwei Richtungen aufeinander zu, oder, besser gesagt, gegeneinander an: Das Domkapitel, also Pfalz, Dom und Neuer Markt, bilden nach Otto des Großen Regierungszeit das geistlich dominierte Machtzentrum der Stadt. Zur gleichen Zeit wächst unter dem Schutz der Markgrafenburg unterhalb des Dachs der Marktkirche, wie die Johanniskirche auch hieß, eine Siedlung der Bürger Magdeburgs heran. Um 936 wird die Marktkirche oberhalb der Elbe errichtet, die ecclesia popularis, die Volkskirche. 1017 heißt sie bei Thietmar von Merseburg in der Chronik bereits ecclesia mercatorium, also Kaufmännerkirche. Die Kirche fällt den Stadtbränden von 1188, 1207 und 1293 zum Opfer. Doch die Magdeburger Bürger lassen sich nicht entmutigen. Sie bauen ihre, die Bürgerkirche, immer wieder auf. Ihre westliche Doppelturmfront wird dabei zum Vorbild vieler weiterer Magdeburger Kirchen, beispielsweise der heutigen katholischen Bischofskathedrale St. Sebastian. Die Kirche jedenfalls, die nach dem Stadtbrand von 1207 aufgebaut wurde, ist ein deutlicher Affront gegenüber dem Dom. Man weiß nicht, ob es eine Kenntnis der Dombaupläne seitens des Baumeisters der Johanniskirche gegeben hat, oder Kontakte der Baumeister. Jedenfalls ist sie in ihrer Gestalt, vor allem aber auch in der Höhe ihrer Türme dem Dom gewollt ähnlich. Die selbstbewusste Bürgerschaft meldet da bereits ihre Ansprüche an. Am 22. Juli 1451 toben über Magdeburg schwere Gewitter. Ein Blitzeinschlag im Nordturm führt zu einem verheerenden Feuer, dem der Nordturm zum Opfer fällt. Auch der Südturm und endlich auch das Kirchendach fangen Feuer. Die Johanniskirche selbst brennt zur Hälfte aus. In diesen Tagen hält der Kardinal Nikolaus von Cusa in der Stadt eine Provinzialsynode ab. Der gelehrte Mann sorgt dafür, dass die Hälfte der eingenommenen Ablassgelder in den Wiederaufbau der Johanniskirche fließt. Sie ersteht als dreischiffige, querschifflose Hallenkirche. 1497 bis 1498 ging Martin Luther in Magdeburg zur Schule. Darüber hat er auch später berichtet, beispielsweise von seiner Beobachtung eines Fürsten von Anhalt, der als Barfüßer-Mönch so asketisch lebte, dass er sich bald zu Tode brachte. Am 6. Mai 1524 singt ein Tuchmachergeselle aus Wittenberg auf dem Alten Markt das Luther-Lied „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“. Er wurde verhaftet und abgeführt. Am selben Tag stellen die Innungsmeister beim Magistrat den Antrag, dass künftig von allen Kanzeln der Stadt das reine Evangelium gepredigt werden soll. Der Rat stimmte dafür. Doch nun eskalierte der Streit in der Stadt. Luther sollte helfen. Im Juni 1524 traf er in Magdeburg ein. In Diskussionen soll geklärt werden, was künftig bleiben kann und was sich verändern wird. Aber nun soll er auch öffentlich predigen. Am 28. Juni 1524 predigt Luther über Matthäus 5, 20-26. Natürlich wird der Gottesdienst in Deutsch gehalten. Die Kirchentüren sind offen, Vor den Fenstern sind Gerüste errichtet, Tausende Magdeburger sind gekommen, ihn zu hören. Am 17. Juli wird der neue Glaube in Magdeburg verbindlich eingeführt. Damit verbunden sind auch hier die Übernahme sozialer Leistungen für Arme und des Bildungssystems. Was zählt ist: Die Befreiung ist eine Befreiung zu mehr Verantwortung, damit eine Gesellschaft funktioniert. Die neue Gerechtigkeit fällt nicht vom Himmel, sie findet ihr Gesicht in einer Bürgerschaft, die sich ihrer Verantwortung selbst stellt. Ludwig Schumann
Die neue Gerechtigkeit
21 „Ihr habt gehört, dass es im Gesetz des Mose heisst: ,Du sollst nicht töten! Wer aber einen Mord begeht, muss vor ein Gericht.’
22 Doch ich sage euch: Schon wer auf seinen Bruder zornig ist, den erwartet das Gericht. Wer zu seinem Bruder ,Du Idiot!’ sagt, der wird vom Obersten Gericht abgeurteilt werden, und wer ihn verflucht, dem ist das Feuer der Hölle sicher.
23 Wenn du während des Gottesdienstes ein Opfer bringen willst und dir fällt plötzlich ein, dass dein Bruder etwas gegen dich hat,
24 dann lass dein Opfer liegen, gehe zu deinem Bruder und versöhne dich mit ihm. Erst danach bringe Gott dein Opfer.
25 Setze alles daran, dich noch auf dem Weg zum Gericht mit deinem Gegner zu einigen. Du könntest sonst verurteilt werden und in das Gefängnis kommen.
26 Von dort wirst du nicht eher wieder herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig deiner Schuld bezahlt hast.“