Zunächst 1864 von Gottlieb Senst als Café Francais neugegründet, in dem Schaunummern aller Art präsentiert werden, wurde das Haus zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges 1870 in Wilhelm-Theater umbenannt. 1100 Zuschauer fanden dort Platz.
Abgesehen vom Eröffnungswerk „Wilhelm Tell“, wurden in den darauffolgenden Jahren häufig Stücke mit lokalem Bezug aufgeführt, wie Friedemann Krusche im ersten Band von „Theater in Magdeburg“ vermerkt. Dazu zählten Titel wie „Eine Reise durch Magdeburg in 80 Stunden“, „Mathilde, das schönste Mädchen aus der Braunenhirschstraße“, „Scharfrichter Reindel“, „Magdeburger Wohnungsnoth“ und „Die Erstürmung Magdeburgs“. Aber auch Klassiker – etwa Goethes „Egmont“ und Shakespeares „Othello“ – gehörten zum Programm. Damit wurde das Wilhelm-Theater ein ernst zu nehmender Konkurrent für das Stadttheater.
Erst nach 1920 treten Unterhaltungsstücke in den Hintergrund. Grund dafür ist der wachsende Einfluss von Besucherorganisationen (vor allem von sozialdemokratisch und christlich-nationaler Seite), die für die zeitgenössische Dramatik eintreten und die Bühne für ihre bildungsprogrammatischen Grundsätze nutzen. Die Zahl der öffentlichen Vorstellungen nimmt ab 1921 stetig ab, die Anzahl geschlossener Vorstellungen steigen in diesem Zeitraum stark an. (th)