Kubanische Lebensfreude erfüllt in diesen Tagen das Gelände der ehemaligen Justizvollzugsanstalt – hauptsächlich dann, wenn die Pforten des Kulturanker-Projekts „Sinnlichkeit“ für Besucher geschlossen sind. Denn derzeit wird noch geprobt.
Zwölf Laiendarsteller im Alter von 10 bis 28 Jahren aus der Region, vier Kulturschaffende aus Kuba und eine Produzentin aus Magdeburg wirken mit am kultur- und generationsübergreifenden Theaterstück „Ruandi und Levi“.
Es stammt aus der Feder des Dramaturgen Gerardo Fulleda León, der die Proben in der JVA begleitet. Obwohl es vor mehr als 30 Jahren uraufgeführt wurde, hat das Stück bis heute nichts an Brisanz eingebüst.
„Es geht um den Jungen Levi, der ein Buch über den Flüchtling Ruandi findet und sich dabei an die Geschichte seiner eigenen Familie erinnert“, erzählt Jana Richter, die Mitglied im Kulturanker e.V. ist und als Produzentin des Stücks sowie als Übersetzerin fungiert. „Ruandi sollte als Sklave nach Havanna verkauft werden und hat sich im Rahmen seiner Möglichkeiten dagegen gewehrt.“ Aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen soll „Ruandi und Levi“ auch in einem Flüchtlingsheim in Magdeburg aufgeführt werden.
Bis zum 21. August wird noch geprobt – vier bis fünf Mal pro Woche. Vom 22. bis zum 25 August finden dann täglich die Vorstellungen um 11 Uhr statt, die sich vor allem an Kinder richten. „Der Eintritt ist dank der Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung, der Jugendstiftung der Stadtsparkasse Magdeburg und der Wohnungsbaugenossenschaft Otto von Guericke frei“, so die Produzentin.
Als Kulisse dienen mehrere Plätze innerhalb des ehemaligen Gefängnisses. Ein denkwürdiger Ort für eine Flüchtlingsgeschichte, die trotz des ernsten Themas auch mit Humor überzeugen soll. Bei den Proben jedenfalls wird viel gelacht – kubanische Lebensfreude ist ansteckend. Hauptdarsteller Daniel Prince Mohalid, der zum ersten Mal in seinem Leben den karibischen Inselstaat verlassen hat, drückt es so aus: „Wir wurden hier so freundlich aufgenommen … und während ich in Magdeburg bin, kann ich die Sorgen, die ich zu Hause in Kuba habe, vergessen. Da muss man einfach Spaß haben.“
Regisseurin und Schauspielerin Xiomara Calderón Arteaga sammelte bereits im vergangenen Jahr bei „Olo Bianco“ ihre ersten Eindrücke von Magdeburg. Sie gibt dem Theaterstück den letzten Schliff und arbeitet gemeinsam mit Armando Yuvero Zamora an den Szenen. Der Choreograf und Balletttänzer gibt bei den Proben immer wieder Anweisungen, um die Ausdrucksstärke der Darsteller zu intensivieren.
„Wir haben uns entschieden, Theater mit Tanz zu mischen, um sprachliche Barrieren zu umgehen. Tanz muss man nicht übersetzen und er macht vieles lebendiger“, sagt Armando Yuvero. Eine Premiere, denn zum ersten Mal wird das Stück in dieser Form aufgeführt. „Wer kein Spanisch versteht, muss sich nicht sorgen“, fügt Jana Richter hinzu, „die verwendeten Texte werden auf Deutsch gesprochen.“ Tina Heinz
kulturanker.de/die-neue-sinnlichkeit-2015