Lebenslänglich in der Zwickmühle

poelitz1Seit 1982 prägt Hans-Günther Pölitz das Satiremetier der Elbestadt. Kaum aus der „Zange“ befreit, steckt er nun schon 20 Jahre lang in der „Zwickmühle“.

Das Leben ist eine Zwickmühle. Oder ist die Zwickmühle das Leben? Für den Kabarettisten Hans-Günther Pölitz geht die Dialektik der beidseitigen Betrachtung auf.

Schließlich baute er vor 20 Jahren, am 29. Februar 1996, auf seine künstlerische Erfahrung das politische Satire-Ensemble „Zwickmühle“ mitten in die sachsen-anhaltische Landeshauptstadt. Und seither steckt er in der selben, öffnet und schließt mit geschickten Wortzügen das Spiel auf der Bühne und fühlt sich doch jedes Mal aufs neue vom Publikum und dessen Resonanz in die Zange genommen.
Ursprünglich erklärt sich der Begriff Zwickmühle aus dem Mühlespiel. Hier wird bei einem Zug eine bestehende Mühle geöffnet und dabei gleichzeitig eine offene Mühle geschlossen. Der Zwickmühlen-Spieler kann in dieser Konstallation keinen Stein verlieren. Was für den einen Vorteil ist, stellt den anderen vor ein Dilemma. Der gebürtige Sachse Hans-Günther Pölitz (geb. am 29. Januar in Waldheim; Landkreis Mittelsachsen) beherrscht die Kunst des Wortspiels. Jedes Geschehen auf der gesellschaftlichen Bühne wird von ihm stets zwischen die Gegenpole ihres Spannungsfeldes gelegt, um dann unter dem Druck von Metaphern und Analogien, Doppel- und Mehrdeutigkeiten, Synonymen und Reimen derart zerbröselt zu werden, dass am Ende zwangsläufig ironische Unterhaltungsspitzen herauskommen müssen.
Kein großer Denker aus Wissenschaft, Dichtkunst oder Politik ist vor Pölitz sicher, um nicht als Ideenvorlage zur Betrachtung der aktuellen Weltlage herhalten zu müssen. „Wir zeigen die Macht in Unterhosen“, sagt der Satiriker und weiß gleichfalls um die Tatsache, dass Mächtige und solche, die sich dafür halten, ohnmächtiger werden. Das gesellschaftliche Koordinatensystem, in dem von unten nach oben kritisiert wurde, lässt sich nicht mehr so einfach aus denselben Maßstäben wie bisher darstellen.
In der Analyse des Zeitgeschehens macht es sich Hans-Günther Pölitz nie einfach. Er schaut auf die Geschichte und sieht historische Vergleiche: 1913 waren die Luftschiffe eine revolutionäre Technik. 2013 heißen die neuesten Flugobjekte Drohnen. 1916 wurden Luftschiffe zur militärischen Aufklärung eingesetzt, 2016 genauso die Drohnen. Trotz dieser Düsternis über der Weltentwicklung bleibt der Kabarettist seinem Anspruch treu. Und der lautet in jedem Fall Unterhaltung. 523.000 Zuschauer, die in den zurückligenden 20 Jahren insgesamt 4.700 Veranstaltungen in der „Magdeburger Zwickmühle“ besuchten, können nicht irren. 209.440 Zuschauer haben Pölitz während 1.280 Gastspielen in anderen Städten erlebt. Insofern tragen die satirischen Spielzüge des Zwickmüllers immer auch Botschaftercharakter.
Das der Beruf eines Kabarettisten vorrangig eine Berufung ist, kann Hans-Günther Pölitz Lebensweg ablesen. Bei der „Herkuleskeule“ in Dresden begann seine professionelle Laufbahn. 1982 war er zunächst für das Magdeburger Kabarett „Zange“ tätig, später leitete er die „Kugelblitze“. Bei der „Münchener Lach- und Schießgesellschaft“ war er ein Jahr, bis er die Chance sah, sich in Magdeburg in die „Zwickmühle“ zu begeben. Michael Rümmler (1996 – 1999), Lothar Bölck (1999 – 2005), Vera Feldmann (2003 – 2005), Frank Hengstmann (2003 – 2005), Thomas Müller (2003 – 2005) und Klaus Schäfer (2010 – 2011) waren Kollegen, mit denen er gemeinsam auf der Bühne stand. Aktuell wird der Meister zwickmüllerischer Wortspiele von Marion Bach und Heike Ronniger auf der Bühne umrahmt.
„Wir gehen Euch auf den Geist“ – das war 1996 für Hans-Günther Pölitz das Premierenmotto zum Startschuss eines ersten privaten politisch-satirischen Kabaretts in der Elbestadt. Zum 20. Jahrestag seit der Gründung gibt es ein Geburtstagsprogramm: „Jubel, Trubel, Wirklichkeit“ ist wohl ein satirischer Fingerzeig auf den Ernst der Lage. Wer Pölitz lange genug kennt, weiß, dass die Lachauslöser von der Bühne harte Arbeit voraussetzen. Wissen, Erfahrung und eine unerschöpfliche Neugier für Hintergründe und Zusammenhänge gehören zum Grundrüstzeug, um Zuschauern, mit Witz, Charme und Ironie unterhaltsam auf den Geist gehen zu können. 20 Jahre lang hat das Dank Hans-Günther Pöitz ausgezeichnet funktioniert, vor allem weil sich der Kopf der Zwickmühle in dieselbe begeben hatte, 20 Jahre ohne Urlaub und mit 24 Stunden Leidenschaft am Tag für das künstlerische Handwerk. Das Leben ist halt eine Zwickmühle, sogar, wenn diese Spaß machen kann. Das Fazit lautet. Lebenslänglich in der Zwickmühle. So darf es weitergehen.

Thomas Wischnewski