Magdeburgs musikalische Vielfalt bietet fast täglich Live-Musik-Erlebnisse.
Von Thomas Wischnewski
Man muss ganz am Anfang bekennen, die Musik in Magdeburg ist in wenigen Wochen nicht recherchierbar und nicht im Ansatz auf wenigen Zeitungsseiten darstellbar. Musik ist ein besonders emotionales und künstlerisches Genre, das in seiner inhaltlichen Vielfalt und der Anzahl seiner Akteure unfassbar bleibt.
Vielleicht liegt auch darin die einzigartige Magie, die Musik in unserem Leben spielt. Wir hören sie im Radio, erleben Musik im TV, auf Opernbühnen und in Konzertsälen, in kleinen Klubs und Kneipen, bei Open Airs oder am Straßenrand. Sie spielt zur Freude, zur Entspannung oder bei Trauer. Musik ist für jeden Anlass da. Es vergeht wohl kaum ein Tag im Leben eines Menschen, an dem er nicht von musikalischen Klängen begleitet wird. Genau die Wirkung dieser Intensität lässt erahnen, dass unzählige Menschen von dem Metier ergriffen sind und sich mit Leidenschaft darin bewegen.
Georg Philipp Telemann hat als Komponist des Barock sicher die historisch bedeutendsten Spuren für Magdeburg hinterlassen. Allerdings sind die Dokumente, die Musiker danach an der Elbe hinterlassen haben, spärlich. Es mangelt an einem Kompendium, das über Künstler, ihre Werke und deren Wirkungen Aufschluss geben könnte.
Immerhin lebt neben der „Magdeburger Philharmonie“ am Opernhaus noch das „Sinfonieorchester Magdeburger Musikfreunde“, bei dem über 50 Amateurmusiker musizieren und klassische Orches-termusik lebendig halten. Die Überlieferungen zu Akteuren ab den 60er Jahren sind da dichter und näher an lebenden Zeitzeugen. Da hält nach dem Jazz vor allem die Rockmusik einzug in Magdeburg. „Primaner“, „Quintessenz“, „Kellergeister“ und die „Klosterbrüder“ (Foto) sorgen für einen neuen musikalischen Zeitgeist. Innerhalb der DDR-Grenzen sind viele Magdeburger Musiker unterwegs. Die Band „Magdeburg“ (Umbenennung der „Klosterbrüder“) machte geschichtlich Schlagzeilen, weil die Mitglieder nach einem Auftrittsverbot im Fernsehen geschlossen einen Ausreiseantrag stellten. Es gab aber weitere Rockformationen wie „Reform“, „Scheselong“ oder „Juckreiz“, die mit eigenen Songs durch die Lande zogen. Beim „Impro Revival“ wurden in den vergangenen Jahren einige davon sichtbar.
Die klassische Sparte hatte im Opernhaus und den Konzertsälen Magdeburgs schon immer Heimstädten zum Transport wertvoller Werke der Musikgeschichte. Die politische Wende machte zunächst einen tiefen Schnitt durch die Tonkünste der Landeshauptstadt. Plötzlich war der staatliche Kulturbetrieb zusammengebrochen. Viele professionelle Musiker hängten die Instrumente vorerst an den Nagel und kümmerten sich um neue existenzielle Fundamente. Damit wurden der Musik in Magdeburg gleich nicht nur viele Bühnenböden entzogen, sondern auch noch die Menschen, die zuvor darauf gestanden hatten. Möglicherweise hat dies eine Lücke in die Generationen der heute 40- bis 60-Jährigen gerissen. Wichtige musikalische Vorbilder, die Jugendliche brauchen, um Orientierung, Mut und eigene Ideen zu entwickeln, waren zu einem großen Teil nicht mehr im musikalischen Leben der Stadt sichtbar.
Erst ab der Jahrtausendwende wehte wieder ein frischerer Wind durch Klubs und Proberäume. Die Musik in dieser Stadt war nie tot, aber sie hatte zeitweise an Quantität und Spürbarkeit eingebüßt. Heute gibt es Martin und Thomas Rühmann, die in der Liedermacherszene der Nation bekannt sind. 1998 steigt Stephan Michme als Sänger der Rockgruppe SCYCS mit der Single „Next November“ auf Platz 14 der deutschen Singlecharts auf. Dann schaffte erst 2005 die als Teenieband gestartete Formation „Tokio Hotel“ mit den Kaulitz-Zwillingen einen Sprung in die internationale Musikwelt.
Magdeburger Musiker, die aktuell in jeder Woche Tonspuren in der Heimatstadt hinterlassen, kann man nicht namentlich erfassen. Viele haben schon in Kindheitstagen die erste Berührung mit Musik und erlernen ein Instrument. Einige pflegen das Hobby ein ganzes Leben, aber nur wenige können später damit ihr Brot verdienen. Doch es gibt ein paar künstlerische Magdeburger Gewächse, die anderenorts Fans und Publikum finden. Das „Rossini Quartett“ mit Geiger Marco Reiß und das „Sax’n Anhalt Orchester“ von Uli Haase sind als offizielle Botschafter der Stadt unterwegs. Singer-Songwriter Manuel Richter spielt öfter auf einem der Kreuzfahrtschiffe der AIDA-Flotte. Wenn Schlagersängerin Gaby Albrecht in ihre Heimatstadt kommt, sind ihre Konzerte bis auf den letzten Platz ausverkauft. Um den Musiker-Nachwuchs muss man sich grundsätzlich keine Sorgen machen. Die Spielstätten und Auftrittsmöglichkeiten sind deutlich mehr geworden. Viele haben sich als kulturelle Zentren etabliert. Neben Feuerwache, Moritzhof und Volksbad Buckau muss das Gesellschaftshaus genannt werden, dass sich der Förderung klassischer Kammermusik verschrieben hat. Außerdem bereichern zahlreiche Kneipen und Cafés die Live-Musik-Angebote. Bei der „Fête de la Musique“, Ekmagadi oder beim traditionellen Jazzfestival im Herrenkrug – Musik lebt mittlerweile an vielen Orten der Stadt, sodass man fast täglich irgendwo Live-Musik erleben kann.