… es sei eine Unverschämtheit von mir, dass ich über unsere Gespräche in der Zeitung schriebe. Und das Schlimmste an meinem öffentlichen Getratsche sei, dass sie am Ende immer dümmlich dastehen würde oder zumindest eine komische Figur machte. In Zukunft solle ich das gefälligst unterlassen, forderte sie. Man kann sich gut vorstellen, dass ich mich unter ihrem Vorwurf ziemlich belämmert fühlte. Kleinlaut rechtfertigte ich, dass es wohl ein paar Leserinnen und Leser gäbe, die der Darstellung unserer Diskurse einen gewissen Unterhaltungswert abringen könnten. Von daher würde es vielleicht nicht nur mich traurig stimmen, wenn die kleinen spitzfindigen Darstellungen ausfallen müssten. Obwohl ich eigentlich die Fortsetzung ihrer Kritik erwartet hatte, sagte sie mit einer gewissen ironischen Milde, wenn ich schon nicht anders könne, solle ich mich in meiner vorteilhaften Selbstdarstellung wenigstens zurücknehmen. Es sei schließlich nur gerecht, wenn ich am Ende selbst hin und wieder beschämen würde. In der Realität behielte ich auch nicht immer die Oberhand. Ich war gut beraten, ihr jetzt auf jeden Fall zuzustimmen. Dennoch gab ich zu bedenken, dass der Kolumne ein gewisser Charme abhanden käme, wenn ich darin die leichte klischeehafte Überspitzung wegließe. Außerdem gestand ich ihr, dass ich seit langem versuchte, meinen Darlegungen durch eine Gegenrubrik, die eine Frau schreiben sollte, ein angemessenes Gegengewicht zu geben. Bisher hätte sich jedoch keine Autorin dazu bereiterklärt. Den Einwand wollte meine Ex nicht akzeptieren. Sie meinte, dass würde ich keinesfalls zulassen. Meine Selbstverliebtheit würde es zu verhindern wissen, neben mir keiner andere Instanz – schon gar nicht einer weiblichen – zur Geltung zu verhelfen. Ihre Unterstellung war ganz schön harter Tobak für mich. Von meiner bisher vergeblichen Suche konnte ich sie einfach nicht überzeugen. Da stand ich also am Ende doch belämmert da und überlegte, was zu tun sei. Würde es keine Kolumne aus Frauensicht geben, erfüllte sich ihr Vorwurf und fände ich eine Schreiberin hieße das, ich hätte dies nur getan, um mir wiederum zum Recht zu verhelfen. Ich saß ganz schön in der Patsche. Kommt Zeit, kommt Rat, war meine Hoffnung. Thomas Wischnewski