Meine Ex sagt …

thomas_editorial…, dass ihr die Aufdringlichkeit von Männern gehörig auf den Zeiger ginge. Egal, wo sie sich aufhielte, ständig würde sie von irgendjemanden angestarrt. Dass ihr Männer permanent mit Stielaugen auf ihre Brust oder anderswo glotzen müssten, empfinde sie echt als Belästigung. Ja, sagte ich, wir Kerle seien wirklich fürchterliche Wesen, die ihre Begierden nicht unter Kontrolle hätten und am liebsten jedes Röckchen lüften wollte. Das seien alles nur schlechte Manieren und überhaupt kulturell ungebürliches Verhalten. Da hätten die Mütter in der Erziehung ihrer Söhne ziemlich versagt. Den Satz wollte meine Ex gar nicht hören. Sie giftete sofort los: Darauf habe sie nur gewartet, dass ich die Schuld wieder den Frauen überhelfen wollte, sei ja klar. Ich könne ja gar nicht anders. Ich hielt dagegen: Sie möchte bitte mal ihren scheinheiligen Vorwurf sein lassen. Ich würde darauf wetten, dass sie sich unter den meisten Männer-Blic-ken doch geschmeichelt fühlte. Schließlich sei das letztlich eine Bestätigung ihrer attraktiven Erscheinung. Und dass Frauen ebenso Herrlichkeiten anschauten, das aber geschickt verdecken könnten, sei eine Tatsache. Jeder wisse doch, dass die Damenwelt mit einem weiteren Blickfeld ausgestattet seien und nicht mal ihren Kopf drehen müssten, wenn sie jemanden ins Visier nehmen wollten. Trotzdem gäbe das keinem Kerl das Recht, sich die Augen aus dem Kopf zu starren. Die Luft im Raum hatte sich unter unserem Disput scheinbar mit einem explosiven Gasgemisch gefüllt. Meine Ex zündete nämlich eine echte Vorwurfs-Bombe: Der wahre Scheinheilige sei ich. Schließlich hätte ich jetzt eine Blondine mit einer Gegenkolumne angeheuert. Was ich mir erlauben würde? Mit der hätte ich doch was, so lautete ihre Unterstellung. Daher wehte also der Wind. Oho, fagte ich, ob sie etwa eifersüchtig sei? Ich solle ruhig meine Spielchen spielen und nicht den Unschuldigen abgeben. Im Moment führte kein Weg aus der Eskalation. Kerle sind eben alle gleich. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte und zuckte nur die Schultern. Im Stillen dachte ich mir, Frauen sind ganz bestimmt gleicher und dann sagte ich einfach gar nichts mehr, obwohl ich wusste, dass mein Schweigen ihren Unmut nur anheizen würde. Thomas Wischnewski