… letztens hätte es zwischen ihrem Freund und ihr richtig Zoff gegeben. Drei Tage lang hätten sie daraufhin nicht miteinander gesprochen. Was denn der Auslöser für den Streit gewesen sei, wollte ich wissen. Sie erzählte, dass sie ihren Partner zur Rede gestellt hätte. Seit längerer Zeit schon würden sie irgendwie aneinander vorbeileben. Er redete einfach nicht und sie habe keine Ahnung, was mit ihm los sei.
Warum Männer immer schweigen würden, wenn sie etwas bedrückte, fragte sie mich. Aber ihr habt euch doch gestritten, hielt ich ihr entgegen. Dabei hätten sie sich doch schlecht anschweigen können. Sicher, bestätigte sie, aber erst als sie versucht hatte, ihn aus seinem Schweigen herauszuziehen, wäre die Situation eskaliert. Ich könne nichts dazu sagen, was ihren Freund in den Rückzug geführt hätte, allerdings würde ich mir sehr gut vorstellen können, dass sie mit ihrer fordernden Art sehr bedrängend wirkte. Ich solle mal die Kirche im Dorf lassen, wetterte sie. Als Frau verfüge sie über ganz viel Sensibilität. Sie hätte sich bei ihm erst beschwert, als er eine ganze Weile nicht mehr geredet hatte. Noch einmal gab ich zu bedenken, dass ich die ganze Sache nicht gerecht bewerten könne. Aber ich würde für ihre Darstellung meine Hand nicht unbedingt ins Feuer legen. Ganz klar, ich würde nur meinen Geschlechtsgenossen in Schutz nehmen wollen. Männer halten ja immer zusammen. Da hätte sie sich die Bemerkungen gleich sparen können. Warum ich dann erst Fragen stellte, wenn ich mich doch nicht für ihre Gefühle interessierte. Über ihre Gefühle hätte sie gar nichts gesagt, sondern nur über das angebliche Schweigen ihres Freundes und den anschließenden Streit berichtet, argumentierte ich. Das sei ja alles wieder ganz typisch. Kerle würden gar nicht erst versuchen, Frauen verstehen zu wollen. Da zeigte sich, dass man es gleich lassen könne, miteinander zu reden. Männer und Frauen würden sich eben nie verstehen. Ich seufzte schließlich leise vor mich hin, wenn sie ihrem Freund gegenüber genauso gesprochen hätte, müsste sie sich über sein Schweigen nicht wundern. Für mich sei es jetzt auch besser, zu schweigen, weil ich gegen ihre Wahrheit nicht länger ankämpfen wollte. Vielleicht erklärte derselbe Grund auch das Schweigen ihres Partners.
Thomas Wischnewski