Moderne Behandlungsmöglichkeiten bei Lungenkrebs

Uni 1Unterschätzte Gesundheitsfolgen des Rauchens

von Jacqueline Heß

An Lungenkrebs – auch Lungenkarzinom oder Bronchialkarzinom genannt – erkranken jährlich in Deutschland rund 50.000 Menschen. Die Chancen einer vollständigen Heilung nach dieser Diagnose liegen gegenwärtig nur bei ca. 20 Prozent. Allerdings haben neue Behandlungsmethoden für viele Patienten die Prognose in den letzten Jahren deutlich verbessern können.


Das Bronchialkarzinom ist ein bösartiger Tumor der Lunge und Mediziner gehen bei der Ursache von einem Mehrstufenkonzept aus: Auf der ersten Stufe steht der Kontakt mit krebserregenden Giftstoffen (Karzinogen), zum Beispiel Zigarettenrauch oder seltener Asbest. Auf der zweiten Stufe schädigt der krebserregende Giftstoff das Erbgut der Lungenzellen. Auf der dritten Stufe entarten – nach einer Ruhephase (Latenzzeit) von bis zu 30 Jahren – die geschädigten Zellen: Sie wachsen ungehemmt, vermehren sich und bilden Geschwulste (Tumoren) in der Lunge. Der Hauptrisikofaktor beim Entstehen ist das Rauchen: Ungefähr 85 Prozent aller Lungenkarzinom-Patienten sind oder waren Raucher. Wer also nicht raucht, oder zumindest das Rauchen aufgibt, kann das Risiko für Lungenkrebs deutlich senken: Denn die Wahrscheinlichkeit für einen Raucher, an Lungenkrebs zu erkranken, ist im Vergleich zu Nichtrauchern mindestens um das 20-fache erhöht. Wer bereits im Jugendalter mit dem Rauchen beginnt, hat sogar ein bis zu 30-fach erhöhtes Risiko.
Lungenkrebs ist die häufigste krebsbedingte Todesursache weltweit. Prof. Dr. Jens Schreiber, Chefarzt für Pneumologie am Universitätsklinikum Magdeburg, erklärt: „Grund ist die häufig erst sehr späte Diagnose, die daraus resultiert, dass es keine guten Frühsymptome gibt. Die Lunge kann sich kaum bemerkbar machen, da sie keine Schmerznerven hat. Die meisten Patienten haben geraucht und chronischer Husten ist nichts Außergewöhnliches oder er wird mit einer Erkältung in Verbindung gebracht. Wenn Blut im Auswurf ist, Schmerzen auftreten z.B. im Brustkorb oder man ohne ersichtlichen Grund Gewicht verliert, sollte man sich sofort von einem Spezialisten untersuchen lassen. Häufig entdecken Ärzte Lungenkrebs bei einer Röntgenuntersuchung, die aus einem anderen Grund erfolgte. Bei Verdacht auf Lungenkrebs ergibt sich die Diagnose aus bildgebenden Untersuchungen wie Röntgenuntersuchungen oder einer Computertomographie der Lunge und es wird eine Lungenspiegelung (Bronchoskopie) durchgeführt. Vor einer kurativen Therapie erfolgen immer ein PET-CT und ein MRT des Kopfes um die Ausbreitung der Geschwulst oder das Vorliegen von Metastasen (Tochtergeschwülsten) nachzuweisen, bzw. auszuschließen.“
Es werden grob zwei Arten von Lungenkrebs unterschieden: Das kleinzellige und das nicht-kleinzellige. Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom wächst relativ langsam und oft in begrenzten Bereichen der Lunge. Es bildet langsamer Metastasen (Tochtergeschwulste). Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist ein seltenerer, allerdings wesentlich aggressiverer Lungentumor. Bei der Diagnose dieser Form des Lungenkrebses stellen Mediziner häufig bereits Metastasen in anderen Organen fest. Beide Formen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wachstums, der Behandlung und der Prognose. Die Lungentumor-Unterteilung ist wichtig für die Wahl der Therapieverfahren. „Wir gehen davon aus, dass von allen unseren Lungenkrebspatienten zum Diagnosezeitpunkt ein Drittel operabel ist, ein Drittel lokal fortgeschritten und ein Drittel metastasiert sind“, so der Lungenspezialist.
„Die Prognose ist bei Lungenkrebs insgesamt ungünstig. Es gilt: Je früher Lungenkrebs behandelt wird, desto besser sind auch die Heilungschancen. Die Lebenserwartung hängt bei einem Lungenkarzinom vor allem von der Art des Tumors und dem Stadium ab. Gelingt es, ein nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom bei einer Operation vollständig zu entfernen, bestehen bei dieser Form von Lungenkrebs die besten Heilungschancen. Liegen Fernmetastasen oder besonders große Tumoren vor, erhalten die Betroffenen neben der Strahlentherapie in bestimmten Fällen gleichzeitig eine Chemotherapie.  Der Tumor wird dadurch oft kleiner und kann anschließend bei einem Teil der Patienten in einer Operation besser entfernt werden. Wir haben in den letzten Jahren aber auch immer besser verstanden, dass beim Vorliegen von nur wenigen Metastasen bei einzelnen Patienten noch eine Heilung möglich sein kann. Dies setzt aber eine sehr individuelle Therapieplanung mit Spezialisten aus zahlreichen Fachgebieten voraus“, so Prof. Schreiber
In den letzten Jahren gab es einige sehr vielversprechende Entwicklungen der Therapieformen. Beispielsweise wird häufig eine lokale Therapie angewandt, bei der das lokale Tumorwachstum in den Bronchien mit Laser oder Licht (photodynamische Therapie) oder anderen Verfahren behandelt wird. Weiterhin haben wir vieles über die molekularen Zusammensetzungen verschiedener Lungenkrebsarten gelernt. Prof. Schreiber: „Es ist faszinierend und es gibt auch Ansatzpunkte, das körpereigene Immunsystem gegen den Krebs zu aktivieren. Es gibt Medikamente, die bewirken, dass der Tumor vom Immunsystem des Patienten blockiert wird und dadurch nicht wachsen kann. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr eindrucksvoll mit Langezeitüberlebensraten in der metastasierten Phase, die man früher noch für unmöglich gehalten hat.“
Bei allen Lungenkrebserkrankungen erfolgt im Universitätsklinikum eine individuelle, interdisziplinäre Therapieplanung mit verschiedenen medizinischen Fachrichtungen. Oberarzt Dr. Patrick Zardo von der Klinik für Herz-und Thorachirurgie, arbeitet in einer interdisziplinären Sprechstunde mit Prof. Schreiber zusammen, und betont: „Die Interdisziplinarität und die verschiedenen Therapieangebote sind für die Prognose der Patienten absolut essentiell. Das Know-how verschiedener Experten und die verschiedenen Blickwinkel ergeben ein Gesamtbild des Krebses, wie man diesen bestmöglich behandelt.“