Wort-Coiffeur Lars Johansen: Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn plötzlich der Doktor Martin Luther in meinem kleinen Frisiersalon auftauchen würde. Ich weiß ja selber, dass so etwas technisch gar nicht passieren kann, aber ich würde trotzdem gerne einmal mit ihm reden. Die Oberen zu seiner Zeit hatten ja ihr Ohr auch nicht gerade am Volk. Und heute ist es doch immer noch so. Wenn Landtagspräsidenten an ihren Stühlen kleben, als hätten sie nicht Kreide, sondern Kleister gefressen, dann möchte ich schon mal wissen, was in ihnen so vorgeht. Vielleicht nichts, denn wenn einer dann doch endlich mal zurücktritt, dann behauptet er, dass er nichts getan hätte, was ich ihm sogar glaube, denn besonders fleißig hat er nicht gewirkt. Er meint aber nichts Böses. Er wolle nur Schaden vom Amt abwenden. Aber wo ist der Schaden, wenn er doch nichts angestellt hat? Entweder lügt er, oder, was viel schlimmer ist, er glaubt selber daran. Solche Polizeipräsidenten gibt es ja auch. Die knechten ihre Mitarbeiter und haben die soziale Kompetenz einer Gottesanbeterin, die beim Fressen der Beute immer aussieht, als ob sie gerade fromm beten würde. Und wenn sie dann versetzt werden, dann wird geklagt. Dabei sitzen sie ja nicht arbeitslos auf der Straße, sondern wurden auf einen weichen Sitz in irgendeiner Verwaltung weggelobt. Aber das reicht ihnen nicht. Auch ein Wirtschaftsminister, der in einem anderen Leben Millionenaufträge am Parlament vorbei vergeben hat, ist einfach ein Problembär, der zu lange am Honigtopf genascht hat. Aber natürlich sind alle unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist. Und für so einen Beweis brauchen wir einen wie Luther, der in einfachen und verständlichen Worten die Missstände benennt. Heute würde er keine Thesen mehr an Kirchentüren nageln, denn wer geht denn schon noch in die Kirche? Vielleicht bekäme er eine eigene Talkshow im Fernsehen und wäre Gast im Dschungelcamp oder Promi-Big-Brother-Container. Hier stehe ich, ich kann nicht anders. In diesem Sinne: Setzen und ab mit den Thesen!