Salongeflüster: Street-Haircut-Festival

johansen-freiVon Wort-Coiffeur Lars Johansen

Manchmal denke ich, dass ich in der falschen Branche unterwegs bin. Vor ein paar Wochen haben 15.000 Menschen drei Euro Eintritt dafür bezahlt, um anderen dabei zuzuschauen, wie sie im Freien kochen. Das hast du in deinem Kleingarten jedes Wochenende umsonst. Gut, das nennt sich dann auch nicht Street-Food-Festival, sondern Grillabend.

Wenn man bei dem Festival was essen wollte, dann kostete das natürlich nochmal Geld. Das wäre so, als würde ich Eintritt dafür verlangen, dass man meinen Frisiersalon betritt und mir beim Haare schneiden über die Schulter schaut.
Ich weiß ja auch, dass man mittlerweile sehr viel Geld damit verdienen kann, indem man den Leuten etwas Blödsinniges verkauft. Das Holi-Festival zum Beispiel. Du zahlst nur dafür, dass man dich vor einer Bühne mit Farbe übergießt. Da kannst du auch die eigene Wohnung renovieren und dich zum Feierabend unter den Farbeimer stellen. Das wäre billiger und genau so effektiv. Lade dir noch ein paar Freunde ein und nenne es Wohnzimmmer-Holi oder After-Work-Painting-Party. Nachher sind alle bunt und die Welt sieht nicht mehr so grau aus. Alles was du brauchst ist ein schicker Name, ganz viel Internet und genug Deppen, die jedem Trend hinterher hecheln.

Der traditionelle 1. Mai von der Gewerkschaft konnte dieses Jahr nur am Rand vom Alten Markt stattfinden, weil auf dem Platz selber noch ein Street-Food-Festival stattfand. Wenigstens kostete das keinen Eintritt. Der DGB war sauer. Ja, hätte der Gewerkschaftsbund seine Maifeier anders genannt, also Work-Life-Balance-Festival oder More-Money-Or-Strike-Event, dann wäre vielleicht sogar der Oberbürgermeis-ter auf eine launige kleine Rede vorbei gekommen. So blieb er weg, wurde nicht vermisst und regte sich hinterher darüber auf. Ich persönlich würde ihn jederzeit ausgesprochen gerne vermissen.

Am Montag, dem 2. Mai, war dann die Pokalfeier unserer Handballer vor dem Rathaus übervoll, obwohl sie keinen schicken Namen hatte. Aber mit einem solchen wäre sie noch voller geworden. Und ich werde ab demnächst nur noch draußen die Haare schneiden. Am Bad-Hair-Day. Oder so. In diesem Sinne: Der Nächste bitte.

Lars Johansen live:
Kabarettist Lars Johansen ist am 14. Mai und 12. Juni jeweils um 19.30 Uhr mit „LARS WARS wieder“ beim Wohnzimmerkabarett im Moritzhof zu erleben. Am 30. Mai um 19.30 Uhr präsentiert er den kabarettistischen Monatsrückblick „Magdebürger Nachschlag“ im Moritzhof. Außerdem lädt er jeden Donnerstagmorgen zu „Lars’ Bastelbude“ bei MDR Sachsen-Anhalt ein.