Ein toller Abend sollte es werden für Franz Edel, einem, wie er stets zu sagen pflegt, „jestandenen machdeborjer Inschenjör“. Schließlich hatte er seinen Metallbau-Betrieb wie einen Ozeandampfer erfolgreich durch das Kapitalistenmeer geschippert und beschäftigt 30 Arbeitskräfte. Heute war er ins Festzelt der Mückenwirte eingeladen, wollte den einen netten Plausch abhalten, ein paar Maße genießen und das Tanzbein zu den „Düdeljodler Didelspatzen“ schwingen. Am VIP-Tisch schüttelte er viele Hände und winkte bald der nächsten Kellnerin zwecks einer Bestellung zu… Doch was war das? Die sich im ausschnittbetonten Dirndl näherte, war seine eigene Produktionskraft Schantall Prell, die seit Wochen durch Abwesenheit am Arbeitsplatz glänzte und ihm gestern am Telefon vorgejammert hatte, „immer noch janz schlümm Rücken“ zu haben. Franz Edel brachte in seiner Wut gerade noch heraus: „Das war’s dann, Schantall.“ Dann zückte er sein Handy, schoss ein Foto von der Leidenden und verließ sauer aber nüchtern die Festivität. Am nächsten Tag war mit Anwalt Lieblings Hilfe die sofortige scharfe Kündigung aufgesetzt und in Schantalls Briefkasten befördert worden. Schließlich war das Beweisfoto auch scharf gelungen. Schantalls Anwalt Grimm schickte jedoch eine Klage ins Haus Edel: Alles Quatsch. Das Foto hätte Franz ohne ihre Zustimmung nicht machen dürfen. Schantall wäre arg in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Kündigung sei deswegen futsch. Außerdem hätte die hilfsbereite Schantall das Tablett nur mal kurz für eine Bekannte gehalten… Doch was meinte das Gericht dazu? Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist durch das berechtigte Interesse des Arbeitgebers bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit gedeckt. Also: Fotos von Schantall waren zulässig! Ein anderes Arbeitsgericht urteilte ähnlich: Der Arbeitgeber hat den öffentlichen Vorgang zu Beweiszwecken im Bild festhalten dürfen, weil eine vorgetäuschte Erkrankung im Bereich des Möglichen lag. Gegen diese Entscheidung war Berufung eingelegt worden, aber das Landesarbeitsgericht bestätigte das erste Urteil. Zwar habe ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) vorgelegen, aber der Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht war dabei gerechtfertigt. Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht können durch die Wahrnehmung schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers nämlich gerechtfertigt sein. Und die Moral von der Geschicht:
Machst Du nur ein’ „auf Rücken“, schaffst gar woanders für’n paar Mücken, dann darf der Chef sein Handy zücken. So wirst Du Deinen Job schnell los, gewissermaßen arbeitslos und bist ‘ne Weile ohne Moos. Und das, Schantalle Prell, das merke Dir – ganz schnell!
Rechtsanwalt Andreas Dahm, Magdeburg, www.kanzlei-dahm.de