Kriminaldirektor Frank Bendzka, Leiter des Magdeburger Polizeireviers, über die gewöhnliche Großstadtkriminalität und Straftaten-Phänomene bei Demonstrationen oder schlechtem Wetter.
MAGDEBURG KOMPAKT: Herr Kriminaldirektor, wo steht denn die Landeshauptstadt Magdeburg in Sachen Kriminalität?
Frank Bendzka: Magdeburg ist diesbezüglich eine ganz normale Großstadt. Sie finden hier alles, was es anderswo auch gibt. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, also Drogenkriminalität, damit einhergehend Straftaten, die mit der Beschaffung im Zusammenhang stehen, als auch das gesamte Spektrum der Diebstahls- und Einbruchsdelikte sowie Straftaten gegen Leben und Gesundheit.
Müssen sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Revier in bestimmten Stadtbezirken besonderen Deliktsarten widmen?
Es gibt keinen Stadtteil, dem wir eine besondere Aufmerksamkeit schenken müssten. Unser Blick geht immer über die ganze Stadt. Aktuell haben wir keine Erkenntnisse, dass es Schwerpunktregionen für Banden gibt, beispielsweise im Drogenbereich.
1995 war ein Drittel der erfassten Täter unter 21 Jahre alt. Wie sieht das heute aus?
Der Anteil ist in den vergangenen zehn Jahren von 27,6 Prozent auf 18,8 Prozent gesunken. Das ist ein bemerkenswerter Rückgang in der Jugendkriminalität. Da haben wir mit Engagement in der Prävention vor allem in Schulen gegengesteuert.
Das kann sein. Ist das aber möglicherweise auch ein Ergebnis des demografischen Wandels und einer älter werdenden Bevölkerung?
Die Demografie mag ihren Anteil daran haben. Die Ursachen für Kriminalität sind jedoch derart komplex, dass man dies nicht allein darauf zurückführen kann.
Menschen haben oft Angst davor, Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden. Sind solche Ängste berechtigt?
Von den rund 30.000 Straftaten, die wir 2014 in Magdeburg erfasst haben, entfallen 604 auf den Bereich Einbrüche. Für jeden, der davon betroffen war, ist so etwas schrecklich. Gemessen an der Gesamtkriminalität ist die Wahrscheinlichkeit jedoch gering. Viele Einbrüche richten sich gegen Firmen oder Geschäfte. Für die ist der Schaden auch immens, aber eine besonders große Angst muss man aus den Zahlen nicht ableiten. Das Bild über das Kriminalitätsgeschehen wird vorrangig durch eine zugespitzte Berichterstattung in den Medien verzerrt. Daraus kann man keine wirklichkeitsnahen Schlüsse ziehen.
Wegen der Magida-Demonstrationen und Gegendemonstrationen hatte die Polizei eine Menge zu tun. Wirkte sich das auf einen Anstieg bei politisch motivierten Delikten aus?
Wir haben keinen Ausschlag in der Statistik festgestellt. Logistisch und personell ist die Polizei natürlich gefordert. Aber es gibt einen anderen interessanten Aspekt. Die häufig hohe Polizeipräsenz führt dazu, dass insgesamt weniger Straftaten verübt werden. Daran kann man die Wirkung eines hohen Überwachungsdrucks ablesen. Übrigens: wenn es im Winter stark schneit, bleiben anscheinend nicht nur normale Menschen lieber zu Hause, sondern auch Spitzbuben. Bei extremen Wetterlagen sinkt die Kriminalität ebenfalls.
Magdeburg stand mal an der Spitze bei Fahrraddiebstählen. Hat sich die Situation verbessert?
Nicht wirklich. Bei den Großstädten ab 200.000 Einwohner belegen wir nach wie vor den 2. Platz. Magdeburg erfüllt einfach gute Bedingungen. Erstens werden Fahrräder häufig innerhalb von Beschaffungskriminalität gestohlen. Sie sind leicht zu haben und leicht zu verkaufen. Außerdem gibt es stets ein gutes Angebot. Der hohe Studentenanteil ist ein Grund dafür. Studierende nutzen das Rad gern als günstiges Verkehrsmittel.
Fragen: Thomas Wischnewski