Die Hengstmann-Brüder haben das 12. Zweier-Programm mit dem Titel „Nebenbei“ auf die Bühne gebracht. Am 5. November war Premiere und als Zuschauer erlebte man wenig nebenbei, sondern alles mittendrin.
Ganz nebenbei fallen Worte und Widerworte.
Was der eine behauptet, weiß der andere besser und nebenbei wechseln die Sichtweisen, Themen und Standpunkte. Werden aus aktueller Perspektive und mit historischen Fakten mal von Tobias, mal von Sebastian Hengstmann in den Raum gestellt. Und ziemlich beiläufig – während man den Bayern und Saarländern satirische Eigenheiten überstülpt – stecken die Hengstmann-Brüder tief in einer Förderalismusdebatte.
Ein Außenstehender mag zunächst einen sehr trockenen Stoff vermuten. Sachlich gesehen, steckt in der Auseinandersetzung mit Länderangelegenheiten, Finanzausgleich und historisch entstandenen oder überwundenen Grenzlinien wenig Humorvolles. Doch Sebastian und Tobias Hengstmann wandern vom Tal einer rationalen Komplexität aus auf Spitzen und Zuspitzungen, spielen mit Mundarten und regionalen Klischees, so dass am Ende immer eine gelungene Pointe herauskommt. Schließlich passiert uns allen alles irgendwie nebenbei, und was wirklich bewusst wichtig erscheint, ist letztlich oft nur ein kurzer Moment im großen Nebenbei des Lebens.
Auf diese Weise geschieht im rund 90 minütigen Programm eigentlich gar nichts nebenbei, sondern alles sehr präsent mitten auf der Bühne. Als Zuschauer fühlt man sich vom Wortwitz der beiden gefesselt, von ihren Mehrdeutigkeiten angetan und vom Fluss der Dialoge ziemlich mitgerissen.
Im ersten Teil vor der Pause muss man Sebastian und Tobias eine kabarettistische Reife bescheinigen, die in ihrer Weise eine gewachsene Profession sichtbar werden lässt. Da hakt nichts und selbst jede Pause erlebt man, als würden sich beide Akteure in einem ganz natürlich ungekünstelten Gespräch befinden, an dessen Ende zwangsläufig ein Lacher oder zumindest ein Schmunzeln steht.
Nach der Pause tauchen dann Tobias in der Rolle als „Matze“ und Sebastian als „Malte“ auf und kneten die aktuelle Flüchtlingsproblematik durch. Sicher kann man als politischer Kabarettist nicht an dem Thema vorbei, doch die tatsächlichen Geschehnisse und deren sichtbare Folgen münden mittlerweile in einen gesellschaftlichen Prozess, an dem jeder Spaß erstickt. Das macht es schwer, satirische Überhöhungen zu formulieren, die leichte Unterhalten produzieren könnten. Vielleicht wäre es günstiger gewesen, die Reihenfolge der Programmteile zu tauschen, weil man das Kabarett am Breiten Weg am Ende mit einem leichten Beigeschmack von Betroffenheit verlässt. Flüchtlingsdebatten kann man heute kaum nebenbei führen, sie sind halt mitten im Leben. Aber ganz nebenbei: Das Programm ist auf den Fall eines der besten, dass Sebastian und Tobias Hengstmann bisher auf die Bühne brachten.
Thomas Wischnewski
Kabarett „… nach Hengstmanns“
Politisch-satirisches Programm „Nebenbei“
von und Sebastian und Tobias Hengstmann;
Regie: Frank Hengstmann
Breiter Weg 37, 39104 Magdeburg
Karten-Telefon: 0391/4025540
Internet: www.hengstmanns.de
Nächstee Termin: 29.11., 15.00 Uhr