So langsam beginnt die Zeit, in der ich zwischendurch lieber mal drinnen arbeite, um mich aufwärmen zu können. Laubfegen bei Sturm und Regen macht ja nun wirklich gar keinen Spaß! Im Haus alles auf Vordermann bringen – das ist da schon angenehmer. Also lieber im Hausflur Treppen fegen, anstatt Blättern im Novemberwind hinterher zu jagen … Und da ist mir vor einer Weile aufgefallen, dass in einem Gebäude eine Taschentuch-Epidemie ausgebrochen ist. Naja, Epidemie ist vielleicht übertrieben, aber das Ding war da einfach nicht wegzukriegen. Als ich das erste unter einem Fußabtreter entdeckt hatte, gab’s noch keinen Anlass zur Sorge. Eine Woche später, derselbe Ort, neues Taschentuch. Ein Streich? Spuk (obwohl Halloween noch einige Wochen entfernt war)? Oder doch eine geheime Botschaft? Also beschloss ich, nachdem ich im selben Treppenhaus unter derselben Matte regelmäßig weitere Taschentücher gefunden hatte, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich sammelte alle ein und nahm sie zu Hause unter die Lupe. Sezierte jedes Taschentuch, trennte die Lagen voneinander, hielt sie gegen das Licht, schraffierte sie mit dem Bleistift und übermalte sie mit dem Zauberstift, um vielleicht das eine oder andere Wortfragment zu entdecken. Und? Nichts! Gar nichts! Als ich dann vergangene Woche kurz davor war, an die Tür des Fußabtreterbesitzers zu klopfen, kam Herr Müller von gegenüber die Treppen hinauf. „Na? Ham’ses jefunden, jedes einzelne“, fragte er mit einem breiten Grinsen. Und bevor ich etwas erwidern konnte: „Wollte nur mal testen, ob Se Ihre Arbeit auch vernünftig machen und wirklich überall fejen…“ Bis später, Ihr Mädchen für alles