Gerald Altmann ist 52. Ich sah ihn das erste Mal an einem Januartag. Er war früh da am Stand des 1. FC Magdeburg anlässlich der „Meile der Demokratie“, natürlich mit blau-weißem Schal. Er saß in seinem Rollstuhl, war irgendwie der Mittelpunkt der blau-weißen Fußballfans, die Gesicht zeigten für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit in Magdeburg.
Er war auch noch da, als ich meinen Standdienst gegenüber beendet hatte. Zwischendrin kamen wir ins Gespräch. Über Fußball und andere Themen.
Seit Anfang der 70er-Jahre, in allen großen Jahren und dann in den tiefen Tälern des Vereins bis zum Aufstiegsjahr 2015, ist er Fan des FCM. Seit 2011 ist Gerald Altmann Fan-Behindertenbeauftrager seines Vereins. Er ist ein Gesicht des 1. FC Magdeburg. Das würde er selbst so nicht sagen, denn im Mittelpunkt zu stehen, das ist nicht sein Ding. Aber als mal im Heinrich-Germer-Stadion die angestammten Plätze für Rollstuhlfahrer einer Werbefläche weichen sollten, ergriff er die Initiative – und ist seither jemand, der für andere sein Wort einlegt. „Ich bin Teamspieler“, sagt Gerald Altmann bescheiden.
Diese Einstellung hilft ihm bei all den kleinen und großen Aktivitäten, vor allem auch bei der Organisation des Behindertentages des FCM, der 2015 schon zum 6. Mal stattfand. Hier erlebt man bei Live-Musik Fankultur pur, in diesem Jahr mit fast 2.000 Menschen. Und nicht nur die Region Magdeburg ist da gut vertreten, sondern es kommen viele auch aus anderen Bundesländern zu einem Fußball-Familienausflug in die MDCC-Arena. Ein Tag, der deutlich macht: Fußball-Fan-Leidenschaft kennt keine Barrieren, sorgt sogar dafür, dass Barrieren fallen. Alles für den FCM – z.B., wenn auf einer Malstraße mittels Schablonen eigene FCM-Logos auf Holzschildern entstehen. Alles für die Menschen mit Behinderung – wenn beim anschließenden Vorbereitungsspiel des Drittbundesligisten gegen den Berliner AK eine Live-Reportage für Sehbehinderte organisiert wird.
Wenn so viel funktioniert, dann muss das auch mal geehrt werden. 2012 wurde er 4. bei der von der Wahl zum „Magdeburger des Jahres“. 2015 zeichnete ihn der Verein Barriereloses Umfeld Magdeburg (VBU) mit dem Ehrenpreis des Allgemeinen Behindertenverbandes in Sachsen-Anhalt (AbiSA) aus. Mit Peter Fechner war der FCM-Präsident und damit genau der richtige Laudator vor Ort. Denn der versteht sich selbst als Teamspieler. Peter Fechner würdigte die unermüdliche Arbeit von Gerald Altmann für die Teilhabe behinderter Menschen am Sportgeschehen. Daran hat auch Ehefrau Heike ihren Anteil, die starke Frau hinter dem Behinderten-Fanbeauftragten des FCM. Sie fiebert gemeinsam mit ihrem Mann der neuen Saison entgegen. Bereits der Autakt gegen Rot-Weiß Erfurt ist ein besonderes Highlight. 24. Juli, Eröffnungsspiel, 20.30 Uhr: Es beginnt mit dem Flutlichtspiel in der MDCC-Arena die neue Zeitrechnung für den FCM und für Gerald Altmann: 3. Bundesliga – und der FCM ist mit dabei! – „Die Klasse halten, tolle Spiele mit vielen Zuschauern – alles andere ist Zugabe“, kommentiert Gerald Altmann, bescheiden, wie er ist.
Heinz-Josef Sprengkamp